Value Investing: Nicht dem Trend folgen

Harald Sporleder

Erfolgreiches Investieren bedeutet nicht unbedingt, dem Markt zu folgen, sondern gegen den Strom zu schwimmen und auf den langfristigen intrinsischen Wert von Unternehmen zu setzen – auch wenn dies bedeutet, von der Mehrheit der Investoren isoliert zu sein.

Value Investing ist bekanntlich eine Anlagestrategie, die sich durch ihre Konzentration auf den intrinsischen Wert eines Unternehmens auszeichnet. Dieser Wert wird unabhängig von den aktuellen Marktpreisen oder den vorherrschenden Markttrends bewertet. Im Kern geht es darum, Aktien zu kaufen, die zu einem Preis gehandelt werden, der unter ihrem intrinsischen Wert liegt, in der Erwartung, dass der Markt diesen Wert langfristig erkennen wird. Diese Strategie ist grundlegend antizyklisch, weil sie den Investor dazu auffordert, sich gegen die vorherrschenden Marktstimmungen zu stellen und auf langfristige Fundamentaldaten statt auf kurzfristige Marktbewegungen zu setzen.

Die Struktur des Value Investing basiert auf einer professionellen Analyse der finanziellen Struktur und Substanz eines Unternehmens. Value-Investoren betrachten Faktoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), die Dividendenrendite und den freien Cashflow, um festzustellen, ob eine Aktie unterbewertet ist. Dabei geht es weniger um die reine Analyse von Charts und Trends als um das Verständnis des Geschäftsmodells, der Wettbewerbsvorteile und der langfristigen Wachstumschancen eines Unternehmens. Diese fundamentale Sicht zielt darauf ab, den wahren Wert eines Unternehmens zu bestimmen, der oft nicht im aktuellen Aktienkurs widergespiegelt wird.

Value-Investoren halten Abstand, wenn der Markt euphorisch ist

Der antizyklische Charakter des Value Investing manifestiert sich in der Bereitschaft, Aktien zu kaufen, wenn sie unpopulär sind. In Phasen, in denen bestimmte Branchen oder Unternehmen von der breiten Masse der Investoren ignoriert oder gar gemieden werden, weil sie als wenig attraktiv gelten, finden Value-Investoren oft die besten Gelegenheiten. Sie investieren zu Zeiten, in denen andere verkaufen, und vermeiden es, auf den Zug aufzuspringen, wenn der Markt euphorisch ist und die Bewertungen bereits in die Höhe geschossen sind. Diese Haltung erfordert erheblichen Mut, denn sie setzt voraus, dass der Investor dem kollektiven Marktgefühl widersteht und auf seine eigene, fundierte Analyse vertraut – ganz ohne Angst, etwas von einem Hype zu verpassen.

An John Templeton und Warren Buffett ein Vorbild nehmen

Der Erfolg dieser Strategie hängt somit maßgeblich von der Fähigkeit ab, die Emotionen der Massen zu ignorieren und diszipliniert an der eigenen Überzeugung festzuhalten. Ein klassisches Beispiel für diese antizyklische Herangehensweise ist Warren Buffett, einer der berühmtesten Vertreter des Value Investing. Buffett kaufte beispielsweise während der Finanzkrise 2008 massiv Aktien von Unternehmen wie American Express und Goldman Sachs, zu einem Zeitpunkt, als die meisten Investoren in Panik verkauften. Seine Investitionen basierten auf der Überzeugung, dass diese Unternehmen trotz der kurzfristigen Turbulenzen über starke Fundamentaldaten verfügten und langfristig erfolgreich sein würden. Buffett konnte durch seine antizyklische Strategie enorme Gewinne erzielen, als der Markt sich erholte und die wahren Werte dieser Unternehmen wieder anerkannt wurden.

Ein weiteres bekanntes Beispiel, das die Prinzipien des Value Investing illustriert, sind die Investitionen von Sir John Templeton ab Ende der 1930er Jahren. Templeton, ein weiterer legendärer Value-Investor, kaufte inmitten der Großen Depression stark unterbewertete Aktien von Unternehmen, die vor dem Bankrott standen oder bereits bankrottgegangen waren. Zu dieser Zeit schien sein Ansatz irrational, da die Wirtschaft in einer katastrophalen Situation war und viele dieser Unternehmen keine Zukunft zu haben schienen. Doch Templeton hatte den Mut, gegen den Trend zu handeln und sich auf seine eigene Bewertung der Unternehmen zu verlassen. Viele dieser Investitionen erwiesen sich als äußerst profitabel, als sich die Wirtschaft erholte und die Aktienkurse dieser Unternehmen stark anstiegen.

Aus der Geschichte lernen

Ein historisches Gegenbeispiel für die Risiken, die mit überbewerteten Aktien verbunden sind, lässt sich in der Dotcom-Blase der späten 1990er und frühen 2000er Jahre finden. Ein Paradebeispiel für diese Überbewertung war das Unternehmen Pets.com, ein Online-Händler für Tierbedarf, das 1999 an die Börse ging. Trotz eines Geschäftsmodells, das hohe Kosten für den Versand von Niedrigpreisartikeln beinhaltete und das Unternehmen schnell in die roten Zahlen trieb, schoss der Aktienkurs in die Höhe. Die Investoren glaubten, dass die bloße Präsenz im Internet ausreichen würde, um das Unternehmen in Zukunft profitabel zu machen. Pets.com hatte bei seinem Börsengang eine Marktkapitalisierung von hunderten Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen im Grunde Verluste anhäufte und keinen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil besaß. Als die Dotcom-Blase platzte und der NASDAQ-Index innerhalb weniger Monate fast 80 Prozent seines Wertes verlor, war Pets.com eines der bekanntesten Opfer dieser Korrektur. Die Aktie verlor nahezu ihren gesamten Wert, und das Unternehmen meldete noch im selben Jahr Insolvenz an, weniger als 300 Tage nach seinem Börsengang.

Aktien dann kaufen, wenn sie unbeliebt sind!

Das bedeutet: Value Investing erfordert also nicht nur eine tiefe Analysefähigkeit, sondern auch psychologische Stärke. Es bedeutet, Aktien zu kaufen, wenn sie unbeliebt sind, und diese zu halten, bis der Markt ihre wahre Bedeutung erkennt, was Jahre dauern kann. Es bedeutet auch, in Phasen der Markteuphorie diszipliniert zu bleiben und nicht dem Drang zu erliegen, überbewertete Aktien zu kaufen, nur weil sie im Trend liegen. Diese Herangehensweise ist für viele Investoren schwer umzusetzen, weil sie gegen die natürliche menschliche Tendenz steht, den sicheren und bequemen Weg zu gehen, den die Mehrheit beschreitet. Value Investing ist daher in erster Linie ein disziplinierter und langfristig orientierter Ansatz, der auf dem Vertrauen in die eigenen Analysen basiert und die Fähigkeit erfordert, sich von kurzfristigen Marktbewegungen nicht beeinflussen zu lassen.

 

Der Beitrag ist zuerst in EXXECNEWS Ausgabe 18 erschienen.

Harald Sporleder ist Chief Investment Officer der 1993 gegründeten Value Investing-Boutique Lingohr Asset Management aus Düsseldorf. In Form von Publikums- und Spezialfonds sowie Einzelmandaten bietet Lingohr AM globale und regionale Aktienprodukte für institutionelle Investoren, ausgewählte Vertriebspartner sowie vermögende Privatpersonen und Family Offices an.

www.lingohr.de

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