BaFin-Studie: "Was genau ist der Graue Kapitalmarkt?"
Das fragte das Meinungsforschungsinstitut Psyma im Auftrag der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im April/ Mai diesen Jahres 4.038 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger. 22 Prozent der Befragten konnten mit dem Begriff „Grauer Kapitalmarkt“ nichts anfangen. Jetzt veröffentlichte die BaFin die 63 Seiten umfassende Studie. EXXECNEWS berichtete darüber in Ausgabe 24/2020.
Sonderlich verwunderlich ist es nicht, dass 22 Prozent der Befragten den Begriff „Grauer Kapitalmarkt“ nicht kannten, ist dieser doch bereits seit Jahren aus den Schlagzeilen. Prospektpflicht, Vermögensanlagengesetz und eine umfassende Rechtsprechung zur Prospekthaftung haben diesem Segment des Kapitalmarktes längst sein Schmuddelimage genommen. Verwunderlich ist jedoch, dass die BaFin jetzt diesen in der Kapitalanlage längst eingestaubten Begriff aus dem Schrank holt (ihre letzten Veröffentlichungen über den grauen Markt stammen aus 2014 und 2015) und pauschal warnt: „Vermögensanlagen wie Direktinvestments und Unternehmensbeteiligungen sind riskant. Das ist vielen Anlegern nicht bewusst.“
Lesenswert ist die Studie allemal, da sie wichtige Einblicke in das Anlageverhalten ermöglicht. Wenn jedoch nur 186 der 4.038 Befragten (also gerade 4,5 Prozent) Erwerber von Produkten des „Grauen Kapitalmarkts“ sind (also der Produkte, die im Vermögensanlagengesetz genannt sind wie Namensschuldverschreibungen, Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen oder Direktinvestments), scheint der Titel der Studie „Ergebnisbericht Grauer Kapitalmarkt“ etwas irreführend. Übrigens: Selbst 41 Prozent der Erwerber dieser Finanzprodukte kannten den Begriff „Grauer Kapitalmarkt“ nicht.
34 Prozent der Befragten wollen bei der Geldanlage am liebsten kein Risiko eingehen. Nur neun Prozent sind bereit, ein hohes oder sehr hohes Risiko zu übernehmen. Diese Risikoeinstellung ist abhängig von Bildung und Einkommen. Befragte mit hoher Bildung und hohem Einkommen (ein monatliches Haushalteinkommen von über 4.500 Euro) vermeiden nur zu 16 bis 18 Prozent jegliches Risiko und sind zu 15 bis 19 Prozent bereit, hohes bis sehr hohes Risiko einzugehen. Das spiegelt sich auch im Anlageverhalten wider: Mit 39 Prozent ist das Sparbuch Spitzenreiter (28 Prozent haben Anlagen in Tagesgeldern). Aktien und Investmentfonds werden jeweils zu 17 Prozent von den Befragten gehalten – Vermögensanlagen lediglich von sechs Prozent.
Rund 19 Prozent der Befragten schätzen „Graumarktprodukte“ als sichere Geldanlage ein. Rund 40 Prozent sind der Meinung, dass diese Produkte ein hohes Verlustrisiko aufweisen.
Bei der Frage, was die Auswahlkriterien bei der Produktwahl sind, stellen 67 Prozent auf die Renditeerwartung und 63 Prozent auf den Ruf und das Image des Anbieters ab (Mehrfachnennungen waren möglich).
Bei rund sechs Prozent steckte ein Anteil von 75 Prozent oder mehr ihres aktuell investierten Vermögens im Grauen Markt. Bei weiteren sieben Prozent waren es 50 Prozent des Vermögens. Fast die Hälfte der Graumarktkunden (49 Prozent) behielt sich aber die Möglichkeit offen, ihr Vermögen breiter zu streuen. Sie investierten nur zwischen 5 und 10 Prozent in Graumarktprodukte. Dazwischen lag eine Gruppe von 20 Prozent, die 25 Prozent ihres Vermögens am Grauen Markt investierten.
40 Prozent derjenigen, die Vermögensanlagen erworben haben, geben an, dies online beim Anbieter getan zu haben. Acht Prozent kauften das Produkt über ein Online-Portal. Bei 32 Prozent erfolgte die Anlage über Banken und bei 14 Prozent über freie Berater. Erwerber von „Graumarktprodukten“ informieren sich zu Finanzprodukten hauptsächlich im Internet (75 Prozent). Auch Berater in einer Bank (47 Prozent) sowie freie Berater (30 Prozent) werden häufig aufgesucht. Bei 31 Prozent beruht die Anlageentscheidung auf einer Empfehlung von Freunden oder Bekannten, bei 27 Prozent auf der eines freien Beraters und bei 24 Prozent auf der eines Bankberaters. (LJH)