"Sind bei Inflation und Zinsen nicht über den Berg"
Die Annahme der Märkte, dass die US-Notenbank im Begriff sein könnte, ihren Kurs zu ändern oder ihr Tempo bei den Zinserhöhungen zu verlangsamen, hält Rich Weiss, CIO Multi Asset beim US-Vermögensverwalter American Century Investments, für gefährlich. „Wir sind bei Inflationsraten und Zinsen noch nicht über dem Berg“, schreibt Weiss, in seinem Ausblick auf das vierte Quartal.
Nach Einschätzung von Weiss sprechen die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in den USA – insbesondere die zum Wohnungsbau und zum verarbeitenden Gewerbe – tatsächlich für eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und der Unternehmensgewinne, was ihn gegenüber Aktien vorsichtig sein lässt.
Weiss: „Selbst wenn wir den Höhepunkt der Inflation erreicht haben könnten, ist es schwer vorstellbar, dass steigende Löhne und Mieten die Preise in absehbarer Zukunft nicht weiter hoch halten werden. Ob sich die Inflation nun bei neun Prozent, acht Prozent oder einer anderen Zahl einpendelt – sie dürfte immer noch meilenweit vom Inflationsziel der Fed von zwei Prozent entfernt sein.“
Bärenmarktrallyes, wie sie im Sommer zu beobachten waren, seien leider keine Seltenheit. Bevor der Markt im Jahr 2002 mit minus 48 Prozent seinen Tiefpunkt erreicht habe, habe es während des zweijährigen Abschwungs sechs verschiedene Erholungen von jeweils zehn Prozent bis 20 Prozent gegeben. In ähnlicher Weise kam es während der Finanzkrise 2007 bis 2008, bevor der Markt seinen Tiefpunkt bei minus 58 Prozent erreichte, zu nicht weniger als fünf Gegenbewegungen, die zwischen acht Prozent und 25 Prozent lagen.
„Viele Bewertungskennzahlen sprechen dafür, dass Aktien weiterhin teuer sind. Einer der bekanntesten Bewertungsmaßstäbe ist das zyklisch bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis (CAPE), das auf den Gewinndaten von zehn Jahren basiert, um Gewinnschwankungen auszugleichen. Im September lag das sogenannte ,Shiller PE‘ über 30; der längerfristige Durchschnitt bei etwa 15. Ähnlich verhält es sich mit dem Buffett-Indikator, einem einfachen Verhältnis zwischen der gesamten Börsenkapitalisierung und der Größe der US-Wirtschaft. Derzeit liegt das Buffett-Verhältnis bei 1,67, wobei eins einen fairen Wert bedeutet und eine Zahl unter eins darauf hindeutet, dass die Aktien attraktiv sind. Und was die Unternehmensgewinne angeht: In den zwölf Monaten bis zum 30. Juni 2022 gab es in S&P 500 Index kein Gewinnwachstum, wenn man den Energiesektor ausklammert“, so Weiss. (DFPA/JF1)
American Century Investments (ACI) ist ein Vermögensverwalter mit Sitz in Kansas City (USA). In Deutschland betreibt das Unternehmen eine Niederlassung in Frankfurt am Main.