Studie gibt Einblicke in die Finanzierungs- und Bewertungspraxis von deutschen Start-ups
Investoren, die Start-ups finanzieren, gehen hohe Risiken ein – beispielsweise hinsichtlich der Bewertungen und Wertpotenziale ihrer Beteiligungen. Entsprechende Beurteilungen basieren oft viel mehr auf Erfahrungswerten von Risikokapitalgebern als auf quantitativen Methoden. Dies hat Auswirkungen auf die Beteiligungsverträge, deren rechtliche Gestaltungen jedoch überwiegend intransparent sind. So lauten Ergebnisse der „Venture Capital-Marktstudie 2020“, die von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC gemeinsam mit Dirk Honold, Professor für Unternehmensfinanzierung und Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Nürnberg, sowie der Nürnberger Ventury Analytics GmbH erstellt wurde.
Die Studie soll dazu beitragen, Transaktionsprozesse im Venture Capital (VC)-Markt transparenter zu machen und die interdisziplinäre Brücke von Finanzierung, Bewertung und deren rechtlicher Ausgestaltung für Deutschland herauszuarbeiten. Befragt wurden in der Spitze 74 Investoren zu 113 Details ihrer Beteiligungshöhen, Bewertungspraxen und Finanzierungsverträge. Alle Befragten haben (auch) einen Deutschland-Fokus und investieren rechnerisch jährlich insgesamt mehr als zwei Milliarden Euro Venture Capital.
„Eines der vielen aufschlussreichen Studienergebnisse ist, dass die Ziel-Anteilsquote der Investoren in der Regel zwischen zehn bis 24,9 Prozent liegt. Allerdings planen 80 Prozent der Geldgeber von vornherein Folgeinvestments in weiteren Finanzierungsrunden ein, um ihre Beteiligungsquoten zu halten. Für Start-ups ist das eine gute Nachricht“, so Enrico Reiche, VC-Experte von PwC Deutschland
Bezüglich ihrer Bewertung in Frühphasen (Early Stage) verlassen die Befragten sich vor allem auf Erfahrungswerte. Auch Multiple-Ansätze und die VC-Methode kommen zum Einsatz. Discounted Cash-Flow (DCF)-Verfahren werden erst im Later Stage bedeutsamer.
Fast ein Drittel der Investoren passt Geschäftspläne von Start-ups an und verwendet niedrigere Diskontsätze. Die erwartete Internal Rate of Return (IRR) bezogen auf das Portfolio liegt im Mittelwert zwischen 32 Prozent jährlich für Early Stage-Start-ups und 21 Prozent jährlich für Later Stage-Unternehmen. Das erwartete Multiple liegt im Mittelwert zwischen 5,9 für Early Stage und 3,2 für Later Stage.
Die Studie offenbart auch, dass in fast 50 Prozent der Early Stage-Deals nicht anrechenbare Liquidationspräferenzen vereinbart werden, die bei rund einem Drittel der Unternehmen als Ausgleich für höhere Unternehmensbewertungen dienen. „Durch die Studie wird der Trade-Off zwischen Bewertung und Ausgestaltung von Sonderrechten in den Verträgen ersichtlich, der das Verhandlungspotenzial der Parteien offenbart“, sagt Prof. Dr. Dirk Honold.
Bezüglich der Einflüsse auf die festgelegten Unternehmensbewertungen offenbarte die Analyse folgendes: 95 Prozent der Befragten gaben an, dass das Skalierungspotenzial bei ihnen einen „starken“ bis „sehr starken“ Einfluss hat. Rund 75 Prozent nannten zudem den Faktor „Markttrends“ – und 73 Prozent den Verhandlungsprozess.
Im Jahr 2020 ist ein Einflussfaktor auf die Vertragsgestaltung hinzugekommen, den es vorher noch nie gegeben hat: die Corona-Pandemie. Sie führte dazu, dass in fast 50 Prozent der von den befragten Investoren bislang im Jahr 2020 abgeschlossenen Finanzierungsrunden nach dem Signing und vor dem Closing die Unternehmensbewertung oder andere Vertragsbestandteile angepasst wurden. Ventury Analytics-Geschäftsführer Patrick Hümmer erklärt: „Mehr als 75 Prozent der Investoren erwarten, dass Covid-19 eher zu sinkenden Bewertungen führt. Einen erweiterten Finanzierungsbedarf sehen die Befragten ebenfalls bei 75 Prozent der Start-ups, wobei 55 Prozent der Investoren eine Co-Finanzierung mit staatlichen Mitteln befürworten. Die Mehrheit dieser Investorengruppe möchte jedoch nicht auf Staatshilfen warten. (DFPA/JF1)
Quelle: Pressemitteilung PwC
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