Umfrage: Direktvertriebe wachsen langsam
Während Lebensversicherer in Deutschland 2015 rund sechs Prozent weniger Neugeschäft gezeichnet haben, ist es der Privaten Krankenversicherung (PKV) gelungen, den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen. Die Vertriebswege in beiden Sparten haben sich jedoch nicht wie von der Branche erwartet entwickelt: Erwartete Effekte durch das Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG) sind bislang noch nicht erkennbar. Dies zeigen die Vertriebswege-Studien zur Personenversicherung 2015 der Unternehmensberatung Willis Towers Watson, die die Bereiche Lebensversicherung und PKV umfassten.
Das Neugeschäftsvolumen nach Annual Premium Equivalent (APE) in der Lebensversicherung sank 2015 um 6,4 Prozent (Vorjahr plus 8,8 Prozent). Dabei gab das Geschäft gegen laufende Beiträge (minus 4,4 Prozent) weniger stark nach als das Einmalbeitragsgeschäft (minus 9,0 Prozent). „Die deutsche Lebensversicherung hat ein schwieriges Jahr hinter sich“, sagt Ulrich Wiesenewsky, Leiter Distribution Services bei Willis Towers Watson und verantwortlich für die Vertriebswegestudien, und fügt hinzu: „Regulierung und Digitalisierung beanspruchen viele Ressourcen in den Unternehmen. Der Kostendruck ist hoch, gerade auch auf den Vertrieb.“ Seit Jahren sinke zudem die Anzahl der Versicherungsvermittler und vor allem der Ausschließlichkeitsvermittler.
Mit einem Marktanteil von 30,4 Prozent ist der Bankvertrieb nicht nur weiterhin der führende Vertriebsweg für Lebensversicherungsprodukte, er konnte seine Position auch weiter ausbauen. Ihm folgt die Ausschließlichkeitsorganisation (AO) mit 27,5 Prozent. Die AO habe jedoch vergleichsweise signifikante Marktanteile verloren. Der Anteil der unabhängigen Vermittler blieb mit einem Anteil von 26,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stabil.
„Verantwortlich für die hohen Verluste der AO ist der starke Rückgang von Versicherungen gegen Einmalbeitrag“, erklärt Wiesenewsky. „Einige Versicherer haben ihr Angebot gegen Einmalbeitrag bewusst reduziert. Das trifft die Ausschließlichkeitsvertreter härter als die unabhängigen Vermittler, die sich für das Einmalbeitragsgeschäft dann andere Partner suchen“, sagt er. Die Ausschließlichkeit schrumpfte im Bereich Einmalbeiträge – relativ gesehen – mehr als doppelt so stark wie der Markt.
Nach wie vor erwartet Willis Towers Watson weitere Änderungen bei den Vergütungssystemen der Lebensversicherer. Die Studie zeigt, dass Versicherer den Ausschließlichkeitsvertrieb mit einem reduzierten Angebot an Einmalbeitrags-Produkten ausgebremst haben. Diese Entwicklung hat die eigentlich erwarteten Effekte aus dem LVRG völlig überlagert: „Die vollständige Wirkung des LVRG ist bisher noch nicht erkennbar“, erklärt Wiesenewsky. „Viele Versicherer werden vermutlich noch weiter an ihren Vergütungssystemen arbeiten, da Provisionen und Courtagen weiter unter Druck geraten werden und insbesondere eine noch stärkere Verteilung über die Laufzeit eines Vertrages erfolgen wird.“
Wachstumschancen sehen die Studienteilnehmer – zumindest für ihr eigenes Unternehmen – eindeutig bei Vergleichsportalen und im Direktvertrieb: 97 beziehungsweise 94 Prozent der Teilnehmer erwarten eine steigende oder zumindest gleichbleibende Bedeutung. Als stabile Säulen schätzen die Befragten nach wie vor auch die AO und Banken ein. Dagegen sinkt die erwartete Bedeutung der unabhängigen Vermittler seit einigen Jahren stetig: 2012 sahen noch 91 Prozent Wachstumschancen für die Makler, 2015 waren es lediglich 77 Prozent.
Quelle: Pressemitteilungen Willis Towers Watson
Willis Towers Watson bietet Advisory, Broking und Solutions. Das Unternehmen beschäftigt rund 39.000 Mitarbeiter in mehr als 120 Ländern. (mb1)