Eine umfassendere Sicht auf den Klimaschutz im Gebäudesektor

Dieter Eimermacher (c) Fotos Jens Braune

Die aktuellen und künftigen Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes werden nicht genügen, um die Klimaneutralität im Gebäudesektor bis zum Jahr 2045 in Deutschland zu erreichen. Auf der Suche nach weiteren Einsparpotenzialen kommen daher zwangsläufig die Lebenszyklusphasen außerhalb der Nutzungsphase von Gebäuden ins Blickfeld.

Aktuell liegt der Fokus beim Klimaschutz im Gebäudesektor vor allem auf der Nutzungsphase der Gebäude. Das Heizungsgesetz mündete nach intensiver politischer Debatte in einer Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit der die schrittweise Umstellung der Beheizung von Gebäuden auf regenerative Energieträger geregelt wird. Eine zweite Novelle des GEG steht uns bevor, wenn die Vorgaben der neuen EU-Gebäuderichtlinie in das GEG eingearbeitet werden. Deren Vorgaben haben das Ziel, die Energieeffizienz von Gebäuden zu erhöhen und damit den Energiebedarf für die Beheizung zu mindern. Die aktuellen und künftigen Regelungen des GEG werden aber nicht genügen, um die Klimaneutralität im Gebäudesektor bis zum Jahr 2045 in Deutschland zu erreichen. Die entsprechenden Ziele des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) zur Reduzierung von Treibhausgasen wurden im Jahr 2023 bereits zum vierten Mal hintereinander verfehlt.

Lebenszyklusphasen außerhalb der Nutzungsphase von Gebäuden im Fokus

Auf der Suche nach weiteren Einsparpotenzialen kommen daher jetzt zwangsläufig die Lebenszyklusphasen außerhalb der Nutzungsphase von Gebäuden ins Blickfeld. Dies sind die Herstellung sowie der Transport von Baustoffen, die Errichtung von Gebäuden sowie der spätere Rückbau und die Entsorgung beziehungsweise Wiederverwendung von Baustoffen und Bauteilen. Die Lebenszyklusphasen außerhalb der Nutzungsphase von Gebäuden gewinnen allein schon dadurch schrittweise eine höhere Bedeutung, weil durch die zunehmende Verbesserung der Energieeffizienz sowohl der Neubauten als auch der Bestandsgebäude die in den Lebenszyklusphasen außerhalb der Nutzungsphase verbrauchte Energie relativ zu der in der Nutzungsphase verbrauchten Energie an Gewicht gewinnt.

Eine Studie im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt ergab, dass bei einem in klassischer Massivbauweise errichteten Einfamilienhaus bei einem Energieeffizienzstandard, der den Vorgaben der Energieeinsparverordnung 2016 entspricht, der Primärenergiebedarf für die Nutzungsphase mit 56 Prozent noch dominierend war. Bei einem verbesserten Effizienzstandard von 30 kWh/ Quadratmeter im Jahr (m²a) macht die Nutzungsphase schon nur noch etwas weniger als die Hälfte des Primärenergiebedarfs des gesamten Lebenszyklus aus. Bei einem Effizienzstandard von 15 kWh/ (m²a) beträgt der Anteil des Primärenergiebedarfs der Nutzungsphase nur noch 30 Prozent und ist damit nicht mehr der Hauptverursacher des Energiebedarfs.

Anteil Primärenergiebedarf in den verschiedenen Lebenszyklusphasen bei unterschiedlichen energetischen Gebäudestandards am Beispiel eine Einfamilienhauses in Massivbauweise (Zahlen: Bayrisches Landesamt für Umwelt; Darstellung: Eimermacher)R )

Hebel für den Klimaschutz im Bauwesen: Wiederverwendung von Baumaterialien

Mit dem Instrument der Ökobilanz – auch als Life Cycle Assessment (LCA) bezeichnet – wird der Energiebedarf des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes sichtbar gemacht und bietet den Nutzern Anhaltspunkte zur Optimierung ihrer Bauvorhaben. Solche Ökobilanzen sind zum Teil heute sogar schon verbindlich. Zur Erfüllung der Vorgaben der EU-Taxonomie für große Gebäude (über 5.000 Quadratmeter Nutzfläche) muss eine Lebenszyklusbetrachtung der Treibhausgasemissionen erstellt werden. Zur Erlangung des Qualitätssiegels nachhaltiges Gebäude (QNG), das für die Zuteilung der KfW-Förderung für klimafreundliche Neubauten erforderlich ist, dürfen die Treibhausgasemissionen und der Primärenergiebedarf im gesamten Lebenszyklus bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten. Es ist zu erwarten, dass diese Standards schrittweise auf alle Neubauten übertragen werden. Dies gilt umso mehr, wenn ab voraussichtlich 2030 alle Neubauten dem Nullemissionsstandard entsprechen müssen. Der Energieverbrauch während der Nutzungsphase wird bei diesen Gebäuden von vornherein sehr niedrig sein.

Ein weiterer Hebel für den Klimaschutz im Bauwesen ist die Wiederverwendung von Baumaterialien beziehungsweise Bauteilen. Bisher herrscht im Bauwesen das lineare Wirtschaften vor: Ein Gebäude wird errichtet, betrieben, abgerissen und entsorgt. Mit der Entsorgung geht die in den Baumaterialien bei deren Herstellung aufgewandte Energie verloren. Für neue Bauvorhaben beziehungsweise Umbauten und Modernisierungen werden einfach wieder neu hergestellte Materialien verwendet.

Wiederverwendung von gebrauchten Materialien und Bauteilen genehmigen

Diese lineare Wirtschaft gilt es umzubauen hin zu einer Kreislaufwirtschaft. Dies ist für alle am Bau Beteiligten wie Planer, Nutzer und Genehmigungsbehörden mit noch nicht absehbaren Herausforderungen verbunden. Die Wiederverwendung von Bauteilen bedingt, dass Planer ihre Bauplanung auf die Bauteile, die aus Rückbauten verfügbar sind, abstellen müssen.

Die Nutzer von Gebäuden müssen kompromissbereit sein und akzeptieren, dass mit den Baumaterialien gebaut wird, die aus Rückbauten verfügbar sind. Die Baubehörden müssen Wege finden, um die Wiederverwendung von gebrauchten Materialien und Bauteilen zu genehmigen. Die Mühe zahlt sich gleich mehrfach aus: Mit der Wiederverwendung von Baumaterialien wird nicht nur Energie und damit Treibhausgasemissionen eingespart, da keine neuen Materialien hergestellt werden müssen – es werden überdies Deponieraum eingespart und Rohstoffressourcen geschont. Es sind bereits vorbildliche Beispiele in der Praxis umgesetzt worden, die den Gedanken der Wiederverwendung von Baumaterialien auch unter ästhetischen Gesichtspunkten hervorragend umgesetzt haben.

 

Der Beitrag ist zuerst in ENI EXXCNEWS INSTITUTIONAL 04 erschienen.

Dipl.-Ing. Dieter Eimermacher (MRICS), Geschäftsführer der EIMERMACHER Immobilienbewertungen GmbH, ist von der IHK Frankfurt am Main öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung und von der HypZert GmbH zertifizierter Immobiliengutachter für finanzwirtschaftliche Zwecke (HypZert F). Im Rahmen seiner Spezialisierung auf die Beratung von Stiftungen und kirchlichen Einrichtungen auf dem Gebiet des Immobilien-Portfoliomanagements hat er den Immobilien-Portfolio-Check entwickelt. Er ist Autor der Bücher Erfolgreiches Immobilien-Portfoliomanagement (Springer Gabler Verlag) und Klimaschutz und Nachhaltigkeit – So werden unsere Immobilien grün (Edition Immobilien und Werte). Er hält regelmäßig Webinare und Vorträge zu den Themen Immobilien-Portfoliomanagement und Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Immobilienwirtschaft.

www.sv-eimermacher.de

www.immobilien-und-werte.de

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