Infizierte Kapitalmärkte
Marktkommentar von Bernhard Matthes von der Bank für Kirche und Caritas (BKC) zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Stiftungsfonds „BKC Treuhand Portfolio“. Seiner Einschätzung nach bietet die Volatilität der Märkte erste Chancen:
Die Verschärfung der globalen Coronakrise hat an den Kapitalmärkten in den letzten Tagen zu weiteren Verwerfungen geführt. Wir hatten bereits länger vor dem Risiko platzender Kapitalmarktbasen gewarnt. Unser Szenario der „7 mageren Jahre“ sahen wir stets als notwendigen Korrekturmechanismus für die zuvor aufgebauten, nicht nachhaltigen Übertreibungen und Fehlallokationen von Kapital. Das Coronavirus ist somit lediglich die Nadel an der „Alles-Blase“. Tempo und Ausmaß der Kapitalmarktverluste sind in vielen Segmenten jedoch nahezu ohne historisches Beispiel. Deshalb wird die Erwartung von „7 mageren Jahren“ mit strukturell niedrigeren Renditen und strukturell höherer Schwankungsintensität der Märkte möglicherweise schneller verarbeitet, als dies zuvor wahrscheinlich schien.
Mit den sich abzeichnenden tiefen realwirtschaftlichen Bremsspuren preisen die Märkte aktuell einen deflationären Schock ein. Auf ein anhaltend deflationäres Szenario hin hatten wir uns bislang in der Portfoliokonstruktion auch positioniert, unter anderem mit noch immer konstruktiven Sichtweisen gegenüber Renten und insbesondere längeren Restlaufzeiten. Dieses Szenario kommt nun „under Review“. Die sehr weitreichenden geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen, welche derzeit als Krisenbekämpfungsreaktion initiiert werden, haben durchaus das Potential, dem deflationären Schock einen (politisch gewünschten) inflationären Schock folgen zu lassen. Wir haben in den Portfolien daher begonnen, einen Umbau vorzunehmen. In unseren Strategien nehmen wir stets die Sichtweise des sehr langfristigen Investors ein.
Im Stiftungsfonds „BKC Treuhand Portfolio“ reduzieren wir selektiv die Duration, bauen US-Dollar-Quoten zurück und setzen neben temporär höheren Kassequoten nun verstärkt auf inflationssensible Portfoliobausteine wie Gold oder inflationsgeschützte Anleihen, die profitieren würden, wenn ein entsprechender Paradigmenwandel an den Kapitalmärkten zum Konsens würde.
Unsere Reaktionsfunktion ist niemals emotional oder meinungsbasiert. Wir agieren gemäß dem Grundsatz „Fakten statt Meinungen“. Alle Allokationsprozesse sind regelbasiert und prognosefrei. Die Kombination immer noch hoher Bewertungen mit nunmehr gebrochenen Trends hatte die entsprechenden Modelle veranlasst, das Aktien-Exposure in den meisten Mischstrategien auf Null abzusenken.
Die Volatilität der Märkte bietet aber auch erste Chancen: Durch das Überschreiten technischer Risikogrenzen und regulierungsgetrieben sind unzählige Marktteilnehmer derzeit gezwungen, Zwangsverkäufe zu Tiefstkursen zu tätigen. Dies eröffnet Anlegern mit langem Anlagehorizont erste günstige Gelegenheiten, qualitativ hochwertige Vermögenswerte „im Ausverkauf“ zu erwerben.
Bernhard Matthes ist Bereichsleiter Portfoliomanagement bei der Bank für Kirche und Caritas (BKC) und Manager des Stiftungsfonds „BKC Treuhand Portfolio“. Die 1972 gegründete BKC mit Sitz in Paderborn ist eine Genossenschaftsbank für Kirchengemeinden, kirchlich-caritative Einrichtungen sowie deren hauptamtliche Mitarbeiter.