Regulierung nachhaltiger Fonds treibt Nachfrage nach ESG-Spezialisten
Ende 2023 hielten deutsche Anleger Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen im Wert von mehr als 900 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Auf Publikumsfonds entfielen davon fast 700 Milliarden Euro. Damit klassifizierten die Fondsgesellschaften etwa die Hälfte des Gesamtvermögens von Publikumsfonds als Artikel-8- und Artikel-9-Fonds. Das meldet der Fondsverband BVI.
Im vierten Quartal 2023 zogen Anleger 5,8 Milliarden Euro aus Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen ab, 3,6 Milliarden Euro allein aus Mischfonds. Diese Rückflüsse spiegelten den Trend des Gesamtmarktes für Mischfonds wider. Für das Jahr 2023 summierten sich die Abflüsse aus Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen auf insgesamt 7,8 Milliarden Euro. 2022 hatten diese noch Zuflüsse von 5,4 Milliarden Euro verzeichnet. Auch europaweit zogen Anleger Geld aus Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen ab, was dazu führte, dass im vierten Quartal 2023 Artikel-9-Fonds in der EU erstmals kein positives Neugeschäft verzeichnen konnten.
Trotz der schwächelnden Nachfrage nach Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen steigt der Bedarf an ESG-Research-Analysten ungebremst weiter. Dies deute eine Umfrage eines Fachmagazins unter in Deutschland und Österreich tätigen Fondsgesellschaften an: Von Mitte 2021 bis Mitte 2023 kletterte die Zahl der Analysten innerhalb der EU demnach um über 40 Prozent auf mehr als 1.700 Experten. Die BVI-Umfrage zum Geschäftsklima für das zweite Halbjahr 2023 unterstreicht dies: Fast ein Drittel der befragten Fach- und Führungskräfte plant neue Stellen, davon will mehr als jeder zweite auch das ESG-Team erweitern. Getrieben werde der Personalbedarf von der stetig wachsenden und teils nicht aufeinander abgestimmten EU-Regulierung nachhaltiger Fonds.
Die politische Einigung zur ESG-Ratingverordnung sei ein großer Fortschritt in Richtung bessere Transparenz und Qualität von ESG-Ratings. Defizite blieben jedoch weiterhin bei ESG-Daten bestehen, die von der neuen EU-Verordnung nicht erfasst sind. Insbesondere für kleinere Gesellschaften, die kaum Möglichkeiten haben, die steigenden Belastungen von nachhaltigen Fonds über Skalenerträge abzufedern, bleiben die Kosten der EU-Regulierung laut BVI eine große Herausforderung. (DFPA/mb1)
Der deutsche Fondsverband BVI mit Sitz in Frankfurt am Main und Büros in Berlin und Brüssel ist Repräsentant der Investmentbranche in Deutschland. Die 114 Mitglieder des 1970 gegründeten Verbands verwalten rund vier Billionen Euro in Publikumsfonds, Spezialfonds und Vermögensverwaltungsmandaten.