Analyse: Die Märkte werden irrationaler
Investmententscheidungen und insbesondere die Analyse von Unternehmensbewertungen werden laut BMO Asset Management zunehmend von verhaltensökonomischen Faktoren beeinflusst. Das verstärke den Herdentrieb an den Märkten. „Der Einfluss des menschlichen Verhaltens auf die Märkte ist so hoch wie selten zuvor. Immer mehr Investoren laufen Gefahr, ihren eigenen irrationalen Entscheidungen zum Opfer zu fallen“, erklärt Sacha El Khoury, Fondsmanagerin und Expertin für europäische Aktien bei BMO Global Asset Management. Besonders besorgniserregend sei ein immer stärker werdender Trend zum sogenannten „anchoring“, bei dem Entscheidungsprozesse von irrelevanten Informationen beeinflusst werden.
Durch das in der alltäglichen Arbeit von Analysten fest verankerte „anchoring“ würden nicht nur fundamentale Branchenentwicklungen ignoriert, sondern auch irrationale Marktbewegungen gefördert. „In übermäßig euphorischen Phasen steigen so die Erwartungen, was die Kurse künstlich in die Höhe treibt. Gleichzeitig nimmt damit auch die Fallhöhe für potentielle Rückschläge zu“, erklärt El Khoury. In stark pessimistischen Phasen hingegen würden sich Analysten auf einen Strom sensationalistischer Negativnachrichten fixieren, wodurch die Erwartungen auf ein unrealistisch tiefes Level gedrückt würden. El Khoury rät, bei der Titelauswahl nicht zu viel auf das aktuelle Marktsentiment zu geben. „Sektoren, die von einem Großteil der Anleger übersehen oder sogar bewusst gemieden werden, weisen häufig hochqualitative Titel auf, deren niedrige Bewertungen exzellente Chancen bieten“, so die Expertin.
Ein passendes Beispiel für die Auswirkungen des „anchoring“ sei die Baisse am Markt für Luxusgüter, der sich eigentlich durch liquiditätsstarke Unternehmen mit hoher Preissetzungsmacht und hohen Gewinnen auszeichnet. Das Hoch dieses Sektors fand laut El Khoury ein abruptes Ende in 2013, als China seinen Anti-Korruptionskurs verschärfte und härter gegen vermeintliche „Zuwendungen“ vorging. Die Folge: Rund ein Drittel des Marktvolumens wurde vernichtet – vermutlich permanent. Die Branche hatte bis dahin von einem rapiden Wachstum im Einzelhandel und exzessiver Nachfrage auf dem chinesischen Markt profitiert. Aufgrund dieser langfristigen Wachstumsperiode stützten sich die Prognosen auf die zum damaligen Zeitpunkt konstant zweistelligen Wachstumsraten. Nicht wenige Marktteilnehmer wurden so in ihren hohen Erwartungen enttäuscht.
Der Wirtschaftswissenschaftler Benjamin Graham gab sinngemäß zu verstehen, dass man keine Information über das exakte Gewicht einer Person benötige, um einschätzen zu können, ob diese über- oder untergewichtig sei. Genauso scheint es naheliegend, dass Prognosen und Analysen zu Einzeltiteln aussichtslos und nicht zielführend sein können: Der Gewinn eines Investments hängt in erster Linie vom Preis ab, der zu Beginn bezahlt wurde. Um verhaltensökonomische Fallen zu vermeiden, biete sich ein fundamentales Bottom-up Stock-Picking an: Dabei sollten Investoren den Fokus auf qualitative Unternehmen mit effektivem Management legen. El Khoury und ihr Team sind davon überzeugt, dass solche Titel auf lange Sicht die bessere Performance liefern werden.
Quelle: Pressemitteilung BMO Global Asset Management
BMO Global Asset Management (BMO) ist ein globaler Investmentmanager und Teil der BMO Financial Group, einer diversifizierten Finanzdienstleistungsorganisation, die im Jahre 1817 unter dem Namen Bank of Montreal gegründet wurde. BMO Global Asset Management verwaltet ein Vermögen von mehr als 238 Milliarden US-Dollar (circa 223 Milliarden Euro). (Stand: 31. Juli 2016) (JF1)