"Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik wird befürwortet aber nicht erwartet"
Nach einer aktuellen Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) besteht in der deutschen Finanzbranche mit 92 Prozent Einigkeit darüber, dass sich Blasen auf den europäischen Finanzmärkten durch die expansive Geldpolitik der Europäische Zentralbank (EZB) gebildet haben beziehungsweise sich bilden, wenn diese Politik fortgesetzt würde. Beispielhaft werden dafür die Aktien- und Immobilienmärkte genannt.
Die Finanzbranche betrachtet es unterschiedlich, ob die seit dem Jahr 2015 verfolgte EZB-Politik des „Quantitative Easing“ die gesetzten Ziele einer Erhöhung der Inflationsrate und Förderung des Wirtschaftswachstums erreicht habe. Mit 49 Prozent hält rund die Hälfte der Umfrageteilnehmer die expansive Geldpolitik teilweise für wirksam. Dass die Ziele nicht erreicht wurden meinen 38 Prozent und zwölf Prozent der Befragten halten die Geldpolitik für deutlich wirksam.
„Die Umfrage verdeutlicht die Skepsis der Marktteilnehmer gegenüber der Wirksamkeit der geldpolitischen Strategie der EZB. Insbesondere die Befürchtung einer Blasenbildung in bestimmten Assetklassen sollte die EZB sehr ernst nehmen“, kommentiert Prof. Dr. Volker Brühl, Geschäftsführer des CFS, die Umfrageergebnisse. Alarmierend sei auch die überwiegende Einschätzung der Marktteilnehmer, dass ein Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik zwar geboten sei, aber nicht erwartet würde. Dies könne bedeuten, dass die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt werden, wenn die EZB entgegen den Markterwartungen eine Kehrtwende einleitet. „Hier ist eine klare, rechtzeitige Kommunikation seitens der EZB wesentlich,“ so Brühl weiter.
Am 26. Oktober 2017 wird EZB-Präsident Mario Draghi die nächste Leitzinsentscheidung bekanntgeben. Die Finanzbranche befürwortet mit 78 Prozent der Befragten mehrheitlich einen Beschluss zu einem baldigen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik. Jedoch rechnet der Umfrage gemäß mit zwei Prozent kaum jemand damit, dass es dazu kommen wird. „Die Differenz zwischen dem Wunsch nach einem Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik und der niedrigen Erwartung, dass dieser Wunsch erfüllt werden wird, ist für sich genommen ein deutliches Warnsignal. Seit geraumer Zeit fehlen echte Marktpreise“, kommentiert Dr. Lutz Raettig, Präsident der Finanzplatzinitiative „Frankfurt Main Finance“, die Umfrageergebnisse.
Quelle: Pressemitteilung CFS
Das Center for Financial Studies mit Sitz in Frankfurt am Main ist ein an die Goethe-Universität angegliedertes Forschungsinstitut. Es betreibt eine international orientierte Forschung zu Themen im Bereich der Finanzen und dient als ein Forum für Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Finanzindustrie. (TS1)