Blackrocks aktueller Blick auf die Märkte
Dr. Martin Lück vom Vermögensverwalter Blackrock beschreibt einen sich „dramatisch beschleunigenden Zerfall des politischen Systems in Venezuela“. Sogar einen unübersehbaren Schritt Richtung Diktatur meint der Leiter Kapitalmarktstrategie für Deutschland, die Schweiz, Österreich und Osteuropa zu erkennen. Als offene Frage beurteilt Lück die Haltung des Militärs. Hiervon hinge das politische Schicksal des Landes ab.
Venezuela hat Blackrock zufolge eine Großteils junge und relativ gut ausgebildete Bevölkerung sowie eine Mittelschicht, welche einiges zu verlieren habe. Bereits unter Präsident Chavez habe geschätzt eine Million Venezolaner aus Mittel- und Oberschicht das Land verlassen. Die ökonomischen Konsequenzen lägen auf der Hand. Die südamerikanische Freihandelsorganisation Mercosur hat Venezuela dauerhaft ausgeschlossen, die Schuldnerposition des Landes dürfte immer stärker in Frage gestellt werden, schreibt Blackrock. Mit einer Kontraktion des Bruttoinlandsproduktes um zehn Prozent und einer Inflation von über 700 Prozent befand sich die Wirtschaft schon 2016 im Fall, und in diesem Jahr habe sich die Lage verschlechtert. Bei Eskalation der bürgerkriegsähnlichen Zustände sei zudem nicht auszuschließen, dass auch die Ölförderung und damit eine größere Einnahmequelle des Landes betroffen wäre. Anleger, die venezolanische Assets in ihrem Portfolio haben, sollten laut Blackrock gewarnt sein.
Im Hinblick auf die deutsche Bundestagswahl, den Meinungsumfrageabstand zwischen Bundeskanzlerin und Herausforderer und den veränderten Mehrheitsverhältnissen im Landtag von Hannover, fragt Blackrock nach den Konsequenzen für die Anleger. Diese sollten sich von der zuletzt niedrigen Volatilität nicht in Sicherheit wiegen lassen. Andererseits erwartet Kapitalmarktstratege Lück von dem Ausgang der Bundestagswahl kaum Risiken einer drastischen Marktreaktion.
Dagegen habe die skizzierte Eskalation in Venezuela Potential die Finanzmärkte zu beeinflussen. Allerdings zeigten Analysen vom Blackrock Investment Institute (BII), dass politische Verwerfungen allein zwar für Ausbrüche von Volatilität sorgen können, meist aber nicht dauerhaft das Volatilitätsniveau beenden. Außerdem hänge das längerfristige Volatilitätslevel zu einem Großteil an den Zentralbanken. Nach den US-Arbeitsmarktzahlen und der höheren Kerninflationsrate scheine die Fed auf Kurs zu sein. Für die Gesamt- und Kernrate werden jeweils 1,8 Prozent Jahreszuwachs erwartet. „Es bleibt also zu erwarten, dass die US-Notenbank ab Herbst ihre Bilanzsumme schrumpfen wird, mit offenem Ende für die Marktzinsen. Und ob die US-Notenbank im Dezember noch einem Zinsschritt nachlegt, bleibt vom weiter positiven Verlauf an der Datenfront abhängig. Dies alles erscheint aber als relativ unumstritten und hat deshalb kaum das Potential, die Märkte aus der Ruhe zu bringen. Es sieht also so aus, als sollte uns die entspannte Sommerstimmung noch ein wenig erhalten bleiben“, zieht Blackrock sein Fazit.
Quelle: Marktkommentar Blackrock
Der Vermögensverwalter Blackrock ist ein weltweit führender Anbieter im Investmentmanagement, im Risikomanagement und in der Beratung von institutionellen Anlegern. Das Produktportfolio umfasst Vermögensverwaltungsmandate, Publikumsfonds, börsengehandelte Indexfonds („iShares“) und andere gepoolte Investmentvehikel. Das Unternehmen mit Sitz in New York beschäftigt per 31. März 2017 rund 13.000 Mitarbeiter in mehr als 30 Ländern und verwaltet ein Vermögen von 5,4 Billionen US-Dollar. (TS1)