Donner & Reuschel: Wirtschaftlicher Einbruch und Sorgen um die USA
Die deutsche Politik vollzieht eine Gratwanderung zwischen einem ausgeweiteten Lockdown zur Abflachung der exponentiellen Ansteckungskurve, einem kontrollierten Verlauf der Ausbreitung und der Aufrechterhaltung einer möglichst hohen wirtschaftlichen Aktivität – vor allem bezogen auf Überlebensnotwendigkeiten. Diese Vorgehensweise wird die kommenden Monate – gegebenenfalls Jahre – prägen, so heißt es bei „Mumm kompakt“, einer Einschätzung von Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel.
Doch wäre ein langanhaltender Lockdown nicht sinnvoll, da ein wirtschaftlicher Stillstand die Voraussetzungen für ein schnelles Hochfahren der Produktion nach der Krise einschränke und der Virus sich trotzdem wieder ausbreiten könnte, solange kein Impfstoff gefunden ist. Ein freier Verlauf der Infektionen hingegen würde zu Kapazitätsengpässen in den Krankenhäusern und einer humanitären Katastrophe führen. Die Wirkung der mittlerweile auf den Weg gebrachten politischen und geldpolitischen Sofort-Maßnahmen müsse erstmal abgewartet werden. Sobald die exponentielle Ansteckungskurve ausreichend abflacht, müssten die Beschränkungen in kleinen Schritten gelockert werden, um einen möglichst kontrollierten Verlauf der Infektion breiter Bevölkerungsteile zu gewährleisten. Diese Vorgehensweise spreche immer mehr für einen U- oder L-förmigen Verlauf der konjunkturellen Entwicklung in 2020. Langsame Aufholeffekte dürften im Laufe des zweiten Halbjahres beginnen und wohl erst in 2021 zu einem deutlichen Wachstumsschub führen. Die deutschen, europäischen und US-Einkaufsmanagerindizes verdeutlichten in dieser Woche den anstehenden Abschwung und auch der GfK-Konsumklimaindex werde schwächer erwartet. Die Veröffentlichung der Erstanträge für Arbeitslosenhilfe in den USA am Donnerstag ist laut Mumm einer der wichtigsten Indikatoren, da aufgrund des flexiblen Arbeitsmarkts verschlechternde wirtschaftliche Aussichten schnell für eine Anpassung der Kapazitäten, also Entlassungen, sorgten. Entsprechend werde mit einem deutlichen Anstieg von 281.000 auf bis zu einer Million gerechnet. Da der private Konsum die wichtigste Stütze der US-Konjunktur sei, wäre eine schnelle politische Antwort in Form eines Hilfsprogramms gegen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise umso wichtiger. (DFPA/mb1)
Quelle: Markteinschätzung „Mumm kompakt“ von Donner & Reuschel
Die Donner & Reuschel AG ist eine Privatbank mit Hauptsitz in Hamburg. Das 1798 gegründete Unternehmen, das seit 1990 zur Versicherungsgruppe Signal Iduna gehört, beschäftigt rund 580 Mitarbeiter.