Feri: "Freude über nachlassende Inflation könnte verfrüht sein"
Rückläufige Inflationsraten in den USA haben den Börsen zuletzt Auftrieb gegeben. Die Märkte hatten auf ein Nachlassen des Preisdrucks gehofft, weil dies ein Ende der Zinserhöhungen wahrscheinlicher macht. Insofern ist die Erleichterung darüber, dass die Inflation auf dem Rückmarsch ist, verständlich, schreibt Dr. Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation beim Bad Homburger Investmenthaus Feri-Gruppe, in seinem aktuellen Marktkommentar.
Sollte die Inflation in den kommenden Monaten weiter rückläufig sein, dürfte dies den Märkten vorerst weitere Impulse geben, so Baitinger. Dabei gerate leicht in Vergessenheit, dass Disinflation für die Börsen nicht automatisch gut sein muss. Wenn etwa die Inflation sinkt, weil die Nachfrage aufgrund eines starken Abschwungs wegbricht, reagieren die Märkte in der Regel negativ. Solch ein Beispiel für „schlechte Disinflation“ sei derzeit in China zu beobachten. Zwar sei die Wirtschaft des Landes noch weit davon entfernt zu schrumpfen. Die aktuelle Eintrübung der Makrodaten komme einer Rezession für chinesische Verhältnisse jedoch sehr nahe. Trotz Inflationsrückgang und partiell echter Deflation zeige sich der chinesische Aktienmarkt, und mit ihm das gesamte Emerging-Markets-Segment, daher fragil. Disinflation als Folge eines spürbaren wirtschaftlichen Abschwungs könnte im späteren Jahresverlauf auch in den Industrieländern ein Thema werden. Anleger sollten diese Möglichkeit im Rahmen ihrer Szenarioanalysen berücksichtigen, meint der Experte.
Unter Berücksichtigung der gestiegenen Zinsen, haben die Bewertungen an den globalen Aktienmärkten zunehmend kritische Niveaus erreicht, schreibt Baitinger weiter. Dies gelte vor allem für die US-Börsen und dort insbesondere für die Aktien von Technologieunternehmen. Die Risikoprämie, sprich die Gewinnrendite der Unternehmen abzüglich des (quasi) risikolosen Zinssatzes für Staatsanleihen, liege dort auf dem tiefsten Stand in diesem Jahrtausend. In Relation zu den hohen kurzfristigen Zinsniveaus sei die US-Aktienrisikoprämie sogar negativ. Baitinger zufolge bedeutet dies, dass Anleger für das Eingehen des Aktienmarktrisikos nicht adäquat entlohnt werden. Sie wären also besser beraten, kurzfristige Staatsanleihen zu halten. Dieses Phänomen wurde zuletzt während der Dotcom-Blase beobachtet, die Anfang der 2000er Jahre platzte. Da die Technologiewerte einen signifikanten Anteil an den globalen Märkten ausmachen, dürften Korrekturen in diesem Segment die Börsen generell belasten. Abseits davon gebe es dennoch viele Marktsegmente mit unauffälligen Bewertungen. „Sollte die Stimmung im Technologiesektor kippen, besteht für professionelle Investoren also weiterhin die Chance, in periphere, attraktiv bewertete Marktsegmente, wie Small Caps oder Versorger, auszuweichen“, so Baitinger abschließend. (DFPA/JF1)
Die 1987 gegründete Feri-Gruppe mit Sitz in Bad Homburg ist in den Geschäftsfeldern Vermögensberatung und -verwaltung sowie Wirtschaftsforschung tätig. Seit 2006 gehört die Unternehmensgruppe zum MLP-Konzern. Derzeit betreut Feri zusammen mit MLP ein Vermögen von rund 54 Milliarden Euro, darunter rund 18 Milliarden Euro alternative Investments.