Inflationsmonitor: Ärmere Haushalte haben keine überdurchschnittliche Inflationsrate mehr
Die Inflationsrate in Deutschland ist im August auf 6,1 Prozent gesunken, gegenüber 6,2 Prozent im Juli. Gleichzeitig ging die haushaltsspezifische Inflation für Alleinlebende mit niedrigen Einkommen von 6,5 auf ebenfalls 6,1 Prozent zurück. Auch Familien mit niedrigen Einkommen lagen im August bei der Teuerungsrate im allgemeinen Durchschnitt. Damit hatten ärmere Haushalte erstmals seit Beginn der drastischen Teuerungswelle Anfang 2022 keine überdurchschnittliche Inflationsrate mehr zu tragen. Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Die soziale Spreizung bei den Teuerungsraten ist dementsprechend noch einmal spürbar kleiner geworden, ein Rest bleibt aber auch im August: Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen lagen mit 5,7 Prozent etwas unter dem Durchschnitt, wie schon seit Anfang 2022 verzeichnen sie die niedrigste haushaltsspezifische Belastung. Die Differenz betrug damit im August 0,4 Prozentpunkte, nachdem es im Juli noch 1,0 Prozentpunkte waren. Die Forschenden erwarten in den kommenden Monaten einen weiteren Rückgang der Inflation und empfehlen der Europäischen Zentralbank (EZB), die Zinsen bei der morgigen monatlichen Sitzung nicht noch weiter anzuheben. Da geldpolitische Maßnahmen erst mit einigem Zeitverzug wirken, hätten die kräftigen Zinserhöhungen der letzten Zeit ihre volle Wirkung noch längst nicht entfaltet, und die Inflationsrate dürfte auch ohne weitere Straffung in Richtung auf das Inflationsziel sinken. Eine durch zu hohe Zinsen verschärfte wirtschaftliche Flaute und steigende Arbeitslosigkeit würden Haushalte mit niedrigen Einkommen besonders hart treffen, warnen die Studienautoren Dr. Silke Tober und Prof. Dr. Sebastian Dullien. Beide analysieren mit dem Monitor seit Anfang 2022 jeden Monat die Trends der Inflation und berechnen spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Personenzahl und Einkommen unterscheiden.
Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien einen stärkeren Rückgang der Inflationsrate, vor allem im September, wenn Sondereffekte durch den Tankrabatt oder das 9-Euro-Ticket wegfallen, die zwischen Juni und August 2022 die Preise dämpften. Die Fachleute des IMK rechnen auch mit einer sinkenden Kerninflation, also bei der Teuerung ohne die besonders schwankungsanfälligen Positionen Lebensmittel und Energie. Denn der Preisdruck lasse bei vielen Produkten und Dienstleistungen nach, weil die deutlich gesunkenen Energie- und Rohstoffpreise mit einigem Zeitverzug über die Produktionsketten hinweg auch bei den Endkunden ankommen. Die vorübergehend stärkeren Lohnsteigerungen werden nach Analyse des IMK mehr als kompensiert durch die Wirkung der geringeren Energiepreise, die Auflösung von Lieferengpässen und einen Abbau der aktuell noch zu beobachtenden Übergewinne von Unternehmen. (DFPA/mb1)
Das im Jahr 2005 gegründete Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) erforscht konjunkturelle Phänomene auf Basis gesamtwirtschaftlicher Modellzusammenhänge. Als Teil der Hans-Böckler-Stiftung wird das Institut größtenteils aus Stiftungsmitteln finanziert. Diese Grundfinanzierung garantiere eine maximale Forschungsfreiheit.