"Kommt die Rezession schon im dritten Quartal? Die Warnsignale werden deutlicher"
Die Märkte scheinen die Angst vor einer Finanzkrise 2.0 überwunden zu haben. Auch bei Bankaktien blickt man seit den Kurseinbrüchen mittlerweile wieder auf zweistellige Kursgewinne zurück. Wer hingegen in sichere Häfen wie zum Beispiel deutsche Staatsanleihen geflüchtet war, bezahlte dies seit Monatsanfang mit negativen Anlageergebnissen von über einem Prozent. Und doch ist für Oliver Grass, Portfoliomanager und Mitglied des Anlagegremiums der Vermögensverwaltung der Fürst Fugger Privatbank die Sorge vor einer Rezession nicht ausgeräumt. Und die würde auch die erstarkten Banken treffen.
„Der Anstieg der Energiepreise ist momentan etwas zur Ruhe gekommen. Das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt aber schwierig“, so Grass. Die Inflation mindere die Kaufkraft und die höheren Zinsen erschwerten Investitionen. Der starke Arbeitsmarkt verhindere ein Abgleiten in die Rezession. Der Fachkräftemangel und rückläufige neue Jobs könnten erste Warnzeichen sein, gibt Grass zu bedenken: „Ein ganz deutliches Indiz für eine Rezession ist eine inverse Zinskurve. Den letzten acht Rezessionen ging immer eine inverse Zinskurve voraus. Und die ist derzeit so stark wie seit den 80er Jahren nicht.“
Nicht wenige Börsenbriefe nähmen als Kontraindikator an, dass mit einer Rallye zu rechnen sei. Zwar bestehe noch keine Euphorie, aber der Weg dorthin sei auch nicht mehr weit. Bei den Anleihen käme es erst dann wieder zu attraktiveren Renditeaufschlägen gegenüber Staatsanleihen, wenn eine Rezession eingepreist sei. Auch bei den Aktien könnte dies wieder zu attraktiveren Kaufkursen führen. Die strengeren Regeln bei der Kreditvergabe würden ebenfalls Wirkung zeigen - insbesondere auf die kleineren Unternehmen. Grass: „Gerade die kleineren Unternehmen waren für den Großteil der neu geschaffenen Stellen in den letzten Jahren verantwortlich.“ Schwächere Arbeitsmarktdaten und ein schwächerer Konsum wären die Folge, meint Grass: „Im dritten oder vierten Quartal kann durchaus eine Rezession einsetzen“. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 18 seien in den USA die Bewertungen noch hoch. Grass: „Die Rallye an den Märkten wird nur von wenigen Titeln getragen - bei schwachem Momentum. Wir sehen dies als Warnsignal.“ Für Anleger bedeute dies, auf die Qualität von Aktien zu achten, also auf stetige Gewinne, stabile Geschäftsmodelle und Preissetzungsmacht. Bei Staatsanleihen seien noch kürzere Laufzeiten zu bevorzugen.
Die Fürst Fugger Privatbank Aktiengesellschaft hat ihren Sitz in Augsburg. Die Bank versteht sich als professioneller Finanzdienstleister für alle Anliegen rund um die private Geldanlage vermögender Privatkunden.