Marktbericht: Aktuelle Bewertungen am europäischen Aktienmarkt sind teilweise verzerrt
Eine steigende Anzahl von Anleihen weist negative Renditen auf - auf ihrer Suche nach positiven Erträgen stehen Investoren daher vor immer größeren Herausforderungen. Philip Webster, Director European Equities bei BMO Global Asset Management, erklärt, warum es dadurch zu Verzerrungen an den Finanzmärkten kommt und welche Konsequenzen dies für europäische Aktien hat.
Den Aufstieg so genannter Bond Proxies, also von defensiven Aktien, die in einer Niedrigzinsphase als Ersatz für Anleihenengagements dienen sollen, sieht Webster kritisch. „Angesichts geringer oder negativer Renditen auf realer und nun auch nominaler Basis suchen immer mehr Anleger Trost in Bond Proxies. Es ist einigermaßen nachvollziehbar, dass Aktien aus dem Basiskonsumgüter- und Versorgungssektor, die jeweils höhere Renditen als vergleichbare Bonds bieten, gegenüber Aktien aus anderen Bereichen als sicherer gelten. Dennoch befinden sich Aktien und Anleihen nach wie vor an sehr unterschiedlichen Punkten im Risiko-Ertrags-Spektrum. Bond Proxies genießen daher einen Vertrauensvorschuss, der eigentlich nicht gerechtfertigt ist“, sagt Philip Webster. Daher müssten sich Anleger die Frage stellen, was sie bereit sind, für die Wahrnehmung einer Anleihen-ähnlichen Sicherheit zu zahlen.
Webster betont, dass die Marktbewertungen zurzeit das Risiko-Ertrags-Verhältnis nicht angemessen widerspiegeln. Manche Stimmen sprächen sich angesichts historisch niedriger Anleiherenditen und Zinsen und trotz der kontinuierlichen Neubewertungen für Käufe im Aktiensegment aus. So sei beispielsweise kürzlich in einem Artikel der „Financial Times“ die Frage aufgeworfen worden, ob es sich Investoren überhaupt noch leisten könnten, nicht in Bond Proxies investiert zu sein. „Unsere Bedenken stützen sich auf die drei Grundsätze unserer Investmentphilosophie: Qualität, Management und Bewertung. Wir sind überzeugt davon, dass vor jedem Hintergrund der gezahlte Preis hinsichtlich der generierten Erträge fundamental ist“, so Webster.
Dem Portfoliomanager zufolge ist Nestlé ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. Während die Erwartungen für den Gewinn je Aktie von Februar 2012 bis August 2016 immer weiter sanken, stieg im gleichen Zeitraum der Aktienkurs an. „Grundsätzlich gilt, dass der Aktienkurs nicht von den Erträgen, sondern von Neubewertungen angetrieben wird. Für ein Wachstum des Kurs-Gewinn-Verhältnisses im mittleren einstelligen Prozentbereich, müssen Anleger das 22-Fache der diesjährigen Erträge zahlen. Um es ganz deutlich zu machen: Nestlé ist höher bewertet als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in den vergangenen zehn Jahren, obwohl Absatz- und Ertragswachstum unter dem historischen Trend liegen.“
Die Geschichte habe gezeigt, dass das Platzen von Anlageblasen gewöhnlich nur eine Frage der Zeit sei. „Als Vertreter eines fundamentalen Stockpicking-Ansatzes hat sich unsere Philosophie und der Investmentprozess allerdings nicht geändert – wir gehen dort Positionen ein, wo wir Qualitätsaktien finden, die unterbewertet sind oder die nicht mehr in der Anlegergunst stehen. Zudem achten wir bei unserer Analyse auf die richtige Balance von Risiko und Ertrag sowie eine gewisse Sicherheitsmarge“, erklärt Webster. Derzeit setzt er verstärkt auf Aktien von Firmen aus der Finanzbranche, die über eine gute Kapitalbasis verfügen und attraktive Dividendenrenditen aufweisen. Die Papiere von Handelsbanken, der Deutschen Börse, der ING Group, der Swedbank und UBS werden laut Webster voraussichtlich profitieren, wenn sich das Sentiment wieder ins Positive wendet.
Quelle: Pressemitteilung BMO Global Asset Management
BMO Global Asset Management (BMO) ist ein globaler Investmentmanager und Teil der BMO Financial Group, einer diversifizierten Finanzdienstleistungsorganisation, die im Jahre 1817 unter dem Namen Bank of Montreal gegründet wurde. (mb1)