Marktkommentar: Brexit und Jagd nach Rendite beflügeln Schwellenländeranleihen
Laut Steve Ellis, Fondsmanager des „Fidelity Emerging Market Debt Fund“, ist Schwellenländeranleihen nach drei turbulenten Jahren mit unterdurchschnittlicher Kursentwicklung in diesem Jahr ein beeindruckendes Comeback gelungen. Seit Jahresbeginn hätten Emerging-Market-Bonds in Lokalwährung um 13 Prozent zugelegt. Zwölf Prozent seien es bei ihren Pendants in Hartwährung gewesen. Diese solide Wertentwicklung werde von starken Mittelzuflüssen flankiert, die in den vergangenen Wochen ein rekordverdächtiges Niveau erreicht hätten.
„Was vor allem ins Auge sticht, sind erste Anzeichen einer verbesserten Konjunkturlage in der Region. Auch wenn das Exportvolumen aus Schwellenländern weiter rückläufig ist, scheint der Wert der Ausfuhren offenbar nicht weiter zu sinken. Das hat zum einen mit der Erholung der Rohstoffpreise in diesem Jahr zu tun, denn viele der großen Emerging-Markets-Exportländer sind erheblich von Rohstoffen abhängig. Vor allem der Ölpreis, der vom Rekordtief im Januar um 50 Prozent gestiegen ist, kommt diversen aufstrebenden Ländern zugute – auch wenn die Rohstoffpreise zuletzt wieder etwas unter Druck geraten sind. Zur Jahreswende war auch die Konjunkturentwicklung in China ein Grund zur Sorge. Aber die im Jahresverlauf veröffentlichten Daten haben sich stabilisiert, was in erster Linie der erhöhten Kreditvergabe zu verdanken ist“, so Ellis.
Ein weiterer Grund für die zuletzt überdurchschnittliche Entwicklung von Schwellenländer-Vermögenswerten sind Ellis zufolge externe Ereignisse. Obwohl die US-Notenbank im vergangenen Dezember eine erste Zinserhöhung vollzog, konnten sich Vermögenswerte aus den Emerging Markets behaupten. Gründe dafür seien die zurückgeschraubten Erwartungen hinsichtlich Zeitpunkt und Tempo der nächsten Zinsstraffungen durch die Fed, mit denen die Renditen von US-Staatsanleihen gefallen statt gestiegen sind.
Außerdem sei aufgrund der weiterhin lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Bank of Japan ein erheblicher Renditerückgang bei Industrieländeranleihen bewirkt worden. So würden 36 Prozent aller ausstehenden Staatsanleihen der Industrieländer inzwischen nur noch negative Renditen abwerfen, lediglich sechs Prozent rentieren bei über zwei Prozent. Da der risikolose Zinssatz auf dem Rückzug und werden Papiere mit attraktiver Rendite zunehmend Mangelware sind, sei das Interesse der Anleger an Schwellenländeranleihen sprunghaft gestiegen.
„Mit gewisser Sorge beobachte ich, dass Anleger auf der Suche nach Rendite immer höhere Risiken eingehen müssen. Solche Trends sind anfällig für eine abrupte Kehrtwende mit schmerzlichen Folgen. Als Auslöser einer solchen Trendwende kämen aus meiner Sicht mehrere Dinge infrage: Die größte Gefahr könnte von einer Wachstums- und Inflationsbeschleunigung in den USA ausgehen. Sie würde die Marktteilnehmer zwingen, ihre Zinserwartungen nach oben zu korrigieren. Eine weltweite Straffung der Liquiditätsbedingungen und ein stärkerer Dollar wären die Folgen, die sich tendenziell ungünstig auf Schwellenländeranleihen und Risikoanlagen im Allgemeinen auswirken. Bis auf Weiteres aber sind Zinserhöhungen in Amerika vom Tisch, wie die Fed bei ihrer Sitzung im Juli bestätigte. Damit dürfte die Jagd nach Rendite auf kurze Sicht der wichtigste Treiber bleiben. Das wiederum würde dafür sprechen, dass Schwellenländeranleihen mit ihren deutlich höheren Renditen verglichen mit ihren Pendants aus den Industrieländern auch weiterhin heiß begehrt bleiben“, so Ellis.
Quelle: Marktkommentar Fidelity
Fidelity Worldwide Investment (FIL Limited) ist eine 1969 gegründete, weltweit tätige Fondsgesellschaft mit Sitz in Boston. Das Unternehmen ist ein Schwesterunternehmen des 1946 gegründeten, auf den amerikanischen Markt fokussierten Vermögensverwalters Fidelity Investments (FMR LLC). Die Anteile beider Gesellschaften befinden sich vollständig in Familien- und Mitarbeiterbesitz. FIL Limited beschäftigt über 6.000 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen in Höhe von rund 246,2 Milliarden Euro. (Stand: 30. Juni 2016) (JF1)