Marktkommentar: Europäische Aktien wechseln auf die Überholspur
Europäische Aktien haben in jüngster Zeit positiv überrascht: Sie erzielten eine überdurchschnittliche Performance und schnitten besser ab als US-Aktien. Ein Grund dafür sind die steigenden Zinsen, die die Kurse amerikanischer Technologiewerte stärker belasten. Das schreiben George Maris, Head of Equities - America, und Julian McManus, Portfoliomanager, beim Vermögensverwalter Janus Henderson Investors.
In den zwölf Monaten bis April 2023 verzeichnete der Aktienindex STOXX 600 eine Rendite von 7,3 Prozent; der S&P 500 erzielte weniger als ein Drittel davon. In den zwei Jahren bis April haben europäische Aktien kumuliert 13,8 Prozent zugelegt, der S&P nur 2,8 Prozent. „Natürlich bleiben die US-Aktien über längere Zeiträume die klaren Gewinner (in den letzten zehn Jahren erzielte der S&P 500 eine kumulierte Rendite von 215 Prozent, der STOXX nur 115 Prozent). Wir glauben jedoch, dass die Outperformance Europas - die mit einem Inflations- und Zinsanstieg einherging - den Anlegern signalisieren könnte, dass es jetzt an der Zeit ist, einen globaleren Ansatz für ihre Aktienportfolios zu wählen“, so die beiden Aktienexperten.
Ein Grund für den Optimismus in Bezug auf europäische Aktien habe mit den Zinsen zu tun. Bei niedrigen Zinssätzen (oder negativen wie in Europa ab 2014) weisen längerfristige Cashflows tendenziell einen höheren Gegenwartswert auf. Steigen die Zinssätze jedoch, kehrt sich die Situation in der Regel um, wobei den aktuellen oder sichtbaren Gewinnen ein höherer Wert beigemessen wird als denen in der Zukunft.
In Europa gibt es zahlreiche Unternehmen mit Gewinnmerkmalen, die in die letztgenannte Gruppe fallen, darunter Industrieunternehmen (wie Rüstung und Fertigung), Gesundheitswesen und Finanzunternehmen. In den USA machen Technologie- und andere schnell wachsende Sektoren einen größeren Marktanteil aus, und obwohl die größten dieser Unternehmen über reichlich kurzfristige Cashflows verfügen, ist das Wachstum bei den meisten eher längerfristig ausgerichtet.
Ein weiterer Grund der derzeit für europäische Aktien spricht, ist laut Maris und McManus ihr Bewertungsvorteil. Europäische Aktien werden mit einem deutlichen Abschlag gegenüber US-Aktien gehandelt. Eine Erfolgsgarantie seien niedrige Bewertungen allerdings nicht.
„Die Unternehmen müssen weiterhin innovativ sein, und Europa hat immer noch mit endemischen Herausforderungen zu kämpfen, wie zum Beispiel der alternden Bevölkerung und einer hohen Regulierungslast. Daher sollten sich Anleger auf Unternehmen konzentrieren, deren Qualitäten unserer Meinung nach für das derzeitige Umfeld von zentraler Bedeutung sind. Dazu gehören ein hoher operativer Hebel (das heißt ein hoher Fixkostenanteil, der zusätzliche Einnahmen rentabler macht - was besonders in Inflationszeiten von Vorteil ist) und eine wettbewerbsfähige Positionierung bei Grundnahrungsmitteln oder in Bereichen mit kritischen Ungleichgewichten zwischen Angebot und Nachfrage“, so die Experten.
Unternehmen, die ihre Kosten unter Kontrolle halten und gleichzeitig in Innovationen investieren, dürften eher eine Preissetzungsmacht ausüben und den freien Cashflow transparent machen können - alles Faktoren, die zu einem Gewinn für die Anleger führen könnten. (DFPA/TH1)
Die Janus Henderson Group ist ein Vermögensverwalter mit Sitz in London.