Marktkommentar: Kurspotenzial bei Anleihen ausgereizt
Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA und in Europa ist nach einem turbulenten Jahr, begleitet von positiven Konjunkturprognosen, gut in das Jahr 2017 gestartet. Zum aktuellen Zeitpunkt bleibt es jedoch abzuwarten, ob die fundamentalen Fakten folgen und sich diese Entwicklung in beiden Wirtschaftsräumen mit der gleichen Dynamik verstetigt. Diese Ansicht vertritt Michael Schorpp, Fondsmanager der Vermögensverwaltung DJE Kapital, in einem Marktkommentar.
Europa liege im Wirtschaftszyklus hinter den USA zurück. Dies bestätige auch die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), indem sie an ihrer expansiven Geldpolitik 2017 weiter festhalten will. Die US-Notenbank hingegen habe für das laufende Jahr mehrere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. Unter diesen Vorzeichen sei es unwahrscheinlich, dass die USA und Europa bei der Zinspolitik künftig am selben Strang ziehen werden.
Die USA können es sich angesichts solider Konjunkturprognosen erlauben, die Politik des billigen Geldes schrittweise zurückzufahren und sich langsam wieder an ein normales Zinsniveau heranzutasten. Die große Frage für die nächsten Monate bleibe jedoch, welche Punkte der wirtschaftspolitischen Agenda Trumps tatsächlich umgesetzt werden und welchen Effekt diese auf die Entwicklung im eigenen Land und auf die internationalen Märkte haben. Die geplanten Steuersenkungen in den USA – sofern sie kommen – dürften den Mittelstand freuen, die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig die Staatsverschuldung erhöhen. Zudem hätte ein Absenken der Steuern einen positiven Effekt auf private Investitionen in die US-Infrastruktur.
Die Konjunkturentwicklung der Eurozone sei wesentlich von der expansiven Geldpolitik der EZB gekennzeichnet. Hinzu kommen politische Unsicherheiten durch anstehende Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, eventuell Italien sowie Deutschland. Die derzeitig von der EZB gewollt aufkeimende Inflationsrate in Europa könne noch nicht als stabiler Trend bezeichnet werden und sei nicht überall gleich stark ausgeprägt. Mit einer Abkehr von der Niedrigzinspolitik sei wohl erst dann zu rechnen, wenn sich die gesamte Eurozone wirtschaftlich stabilisiert habe. Vor allem Europas Süden sei bis auf Weiteres auf niedrige Zinsen angewiesen: Italien kämpfe immer noch mit seinen strauchelnden Banken, Spanien benötige weiterhin EU-Mittel, um vorhandenes Wachstum zu stabilisieren und Portugal, um den Haushalt zu konsolidieren.
Historisch betrachtet orientiere sich die Geldpolitik der EZB an den Entscheidungen der Fed. Unter den gegebenen Umständen dürfte sich Europa zinspolitisch jedoch nicht in die gleiche Richtung bewegen wie die USA – zumindest nicht so schnell. Ein weiteres Auseinanderdriften in der Notenbankpolitik würde für Spannungen zwischen beiden Wirtschaftsräumen sorgen und speziell am langen Ende das Zinsänderungsrisiko und den Zinsunterschied erhöhen. Dies hätte mehr Volatilität zur Folge und die Renditeaussichten an den europäischen Anleihemärkten könnten sich weiter eintrüben.
Schorpp setze bei Anleihen daher auf kürzere Laufzeiten, damit sich sensitivitätsbedingte Zinsänderungen nicht überproportional bemerkbar machten. Realistisch betrachtet sei jedoch auch in den USA im historischen Vergleich nicht mit einem signifikanten Zinsanstieg zu rechnen. Bei Anleihen investiere er strategisch im kurzen bis mittleren Laufzeitsegment. Gleichzeitig setzen wir auf höher verzinsliche Unternehmensanleihen in Europa und den USA aus dem Bereich des Non- Investment-Grade sowie auf Nachranganleihen aus dem Investment-Grade Segment.
Quelle: Pressemitteilung DJE Kapital
Die DJE Kapital AG mit Sitz in München ist ein Finanzdienstleister. Das Unternehmen legt über das Tochterunternehmen DJE Investment S.A. eigene Fonds auf und berät Fondsverwalter bei der Auswahl ihrer Anlagen. (mb1)