McKinsey-Studie: Kapitalströme fließen in aufstrebende Volkswirtschaften
Weltweit haben Banken immer weniger Interesse an Kreditgeschäften im Ausland und konzentrieren sich stattdessen auf ihre Heimmärkte. Die grenzüberschreitenden Kapitalflüsse sind seit dem Höchststand 2007 um 65 Prozent auf 4,3 Billionen US-Dollar zurückgegangen. In Deutschland sind die Auslandsforderungen im gleichen Zeitraum um 52 Prozent gesunken. Anders sieht es bei den globalen Auslandsinvestitionen aus: Sie sind im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung heute auf dem Niveau des Jahres 2007. Weltweit werden derzeit 27 Prozent der Aktien von ausländischen Investoren gehalten. Im Jahr 2000 waren es 17 Prozent. Auf den Anleihenmärkten liegt der Anteil internationaler Investoren bei 31 Prozent (2000: 18 Prozent). Unter anderem zu diesen Ergebnissen kommt die Forschungseinrichtung McKinsey-Global-Institute (MGI) der Beratungsgesellschaft McKinsey & Company in ihrer Studie „The new dynamics of financial globalization“. Dabei wurden die in- und ausländischen Kapitalströme in 100 Ländern untersucht.
„Die Globalisierung der Finanzmärkte verspricht für die Zukunft mehr Stabilität, wesentliche Indikatoren haben sich verbessert“, sagt Eckart Windhagen, Seniorpartner bei McKinsey und Co-Autor der Studie. So sei der Anteil der weniger volatilen Direktinvestitionen und Eigenkapitalströme an den grenzüberschreitenden Finanzflüssen von 36 Prozent auf 69 Prozent gestiegen. Die Studie zeige auch, das heute mehr Länder zur Allokation von Kapital beitragen als im Jahr 2007. Die globalen Ungleichgewichte in den Leistungs-, Kapital- und Vermögensbilanzen von 2,5 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes des Jahres 2007 seien auf 1,7 Prozent zurückgegangen
Die Banken der Eurozone waren im Jahr 2007 die am stärksten globalisierten Finanzinstitute. Seither seien ihre Auslandsforderungen um 45 Prozent zurückgegangen. Insgesamt stießen Banken zwischen 2007 und 2016 weltweit mindestens zwei Billionen US-Dollar an Vermögenswerten ab, davon rund die Hälfte durch europäische Institute. Die Gründe sieht MGI in neu bewerteten Länderrisiken, der Einsicht, dass der Heimmarkt mit hohen Marktanteilen lukrativ sei sowie nationalen Richtlinien, die die Vergabe von Krediten im Inland befördern beziehungsweise Kapital- und Liquiditätsvorgaben, die das komplexe Auslandgeschäft weniger attraktiv machten. „Die Banken ziehen sich aus Ländern und Märkten zurück, auf denen ihnen die Größe oder das Alleinstellungsmerkmal fehlt. Mehr als die Hälfte der Korrektur entfällt auf Interbankkredite und Schuldverschreibungen vor allem in der Eurozone. Diese waren vor der Krise exzessiv gewachsen. Es wurde sozusagen der Reset-Knopf gedrückt“, sagt Windhagen. „Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.“
Entwickelte Volkswirtschaften und internationale Finanzzentren sind weiterhin am stärksten ins globale Finanzsystem integriert. Deutschland belegt in diesem Ranking hinter den USA, Luxemburg, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden Rang fünf und steht für sechs Prozent der ausländischen Investitionen weltweit. Aufstrebende Volkswirtschaften holen gemäß der Studie auf und halten mittlerweile 15 Prozent der ausländischen Anlagewerte (2007: acht Prozent). Aufstrebende Volkswirtschaften sind zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder zu Nettoempfänger der globalen Kapitalströme geworden. Von China wird ein Anstieg von Rang 15 im Jahr 2005 auf Rang acht berichtet. Die Auslandskredite, Direktinvestitionen und Aktien- und Bondportfolios Chinas zusammengenommen überstiegen 2016 zum ersten Mal die ausländischen Devisenreserven der chinesischen Zentralbank.
Auch wenn die Finanzinstitute ihr Auslandsgeschäft stark zurückgefahren hätten, bleiben die globalen Finanzmärkte eng verwoben, und es würden heute mehr Länder an den globalen Finanzströmen teilnehmen als zuvor, fasst MGI zusammen. „Die Risiken sind heute vorwiegend im ausländischen Kreditgeschäft zu orten. Dessen Volatilität kann große Auswirkungen auf Volkswirtschaften und Wechselkurse haben“, beschreibt Windhagen. Risiken lägen auch in den überhitzten Aktienmärkten sowie im Aufstieg von Finanzzentren, denen es zum Teil an Transparenz mangele.
Quelle: Pressemitteilung McKinsey&Company
McKinsey & Company ist eine in 52 Ländern vertretene Unternehmens- und Strategieberatung. (TS1)