Merck Finck "Blitzlicht": "Doppelschlag für den Kreditmarkt - Abwärtsspirale droht"
Der Markt für Unternehmensanleihen musste in den vergangenen Wochen gleich zwei heftige Schläge einstecken. Zum einen trüben sich seit Februar mit der zunehmenden Verbreitung des Corona-Virus die globalen Konjunkturaussichten immer weiter ein. Zum anderen stürzte auch noch der Ölpreis binnen weniger Tage um 50 Prozent ab, nachdem es zwischen Russland und Saudi-Arabien zu keiner Einigung auf Förderkürzungen kam. Beide Risikoquellen bleiben für die nächsten Wochen unkalkulierbar, schreibt Daniel Kerbach, Chief Investment Officer bei der Privatbank Merck Finck, in seinem aktuellen Marktkommenar „Blitzlicht“. Die gerade einsetzenden Rating-Herabstufungen von Unternehmen könnten sich leicht zu einer Abwärtsspirale auswachsen.
Sowohl die kurzfristige weitere Entwicklung der Corona-Pandemie als auch der Ölpreis bleiben für Unternehmen und Investoren ein hoher Unsicherheitsfaktor. Diese Unsicherheit führt zu hoher Risikoaversion, welche sich nicht nur in den Aktienmärkten zeigt, sondern auch einen Käuferstreik bei Unternehmensanleihen verursacht. Die Auswirkungen in den einzelnen Wirtschaftssektoren unterscheiden sich aber stark.
Besonders stark betroffen ist der Energie- und Öl-Sektor, da hier nicht nur das steigende Angebot für fallende Preise sorgte, sondern gleichzeitig der Konjunktureinbruch und die drohende Rezession einen deutlichen Nachfragerückgang verursacht. Am stärksten ist die US-Fracking-Industrie unter Druck, die beim gegenwärtigen Preisniveau nicht wirtschaftlich produzieren kann. Hinzu kommt: Viele Fracking-Unternehmen sind wegen der erhöhten Risiken im High-Yield-Segment angesiedelt und haben sich entsprechend teuer finanziert.
Aktuell sind hier die Renditen mit über 20 Prozent bereits über das Niveau der letzten Öl-Krise im Jahr 2016 gestiegen. Der Markt preist damit bereits eine Ausfallrate von 25 Prozent ein.
Im breiten US-Hochzinsmarkt ohne den Energie-Sektor sind die Renditen ebenfalls deutlich gestiegen. Allerdings sind Belastungen hier hauptsächlich auf den zu erwartenden Konjunktureinbruch zurückzuführen und zeigen deshalb eine eindeutig geringere Ausfallwahrscheinlichkeit von rund zehn Prozent an.
Ähnlich sieht es im High-Yield-Markt im Europa aus, wo die Energieunternehmen einen deutlich geringeren Anteil am Gesamtmarkt haben als in den USA. Weniger als der Ölpreis ist dort also die Dauer und Stärke der konjunkturellen Belastung durch die Pandemie der entscheidende Faktor. Je länger der Abschwung anhält, desto heftiger wird die Welle der Ratingherabstufungen und Kreditausfälle werden. Dass diese Welle kommt, halten wir für ausgemacht.
Aktuell ist im Markt ein starker Konjunktureinbruch im ersten und vor allem im zweiten Quartal eingepreist – verbunden mit einer beginnenden Erholung im zweiten Halbjahr. Für einige Firmen dürfte diese Erholung zu spät kommen. Gerade am unteren Ende des Investment Grade-Spektrums sehen wir einige Wackelkandidaten. Rutscht auch nur ein Teil von ihnen in den High-Yield-Bereich ab, ist eine Abwärtsspirale nicht mehr auszuschließen. (DFPA/JF1)
Quelle: Merck Finck „Blitzlicht“
Die 1870 gegründete Merck Finck Privatbankiers AG hat ihren Sitz in München. Mit Mitarbeitern an 15 Standorten in ganz Deutschland verwaltet sie rund zehn Milliarden Euro an Kundengeldern. Die Privatbank ist eine Tochter der Privatbankengruppe Quintet Private Bank (Europe) S.A. (vormals KBL European Private Bankers) in Luxemburg.