"Zu früh für Stabilisierung - Märkte bleiben labil"
Der Corona-Crash hat in kürzester Zeit zu einem beispiellosen Ausverkauf an den Aktienmärkten geführt. Nach den massiven Kursverlusten haben kurze Gegenbewegungen zuletzt Hoffnung auf eine baldige Erholung geweckt. Dafür dürfte es jedoch noch deutlich zu früh sein – die Kapitalmärkte bleiben vorerst extrem labil, schreibt Dr. Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation beim Investmenthaus Feri-Gruppe, in seinem aktuellen Marktkommentar „Market update März 2020“. Beim Vergleich des aktuellen Kurseinbruchs mit früheren Crashs, fallen laut Baitinger drei Besonderheiten auf.
Noch am 19. Februar dieses Jahres hatte der S&P 500 ein neues Allzeithoch erreicht, nur um knapp drei Wochen später 30 Prozent tiefer zu notieren. Damit handelt es sich um den schnellsten Absturz in der amerikanischen Börsengeschichte. Auch der DAX ist in Rekordgeschwindigkeit um rund 40 % eingebrochen. Diese Art von „Sudden Death“ sei beispiellos in der Börsengeschichte. Selbst dem Oktober-Crash von 1987 gingen zwei schwache Börsenmonate voraus. Vor 9/11 war die Stimmung an den Börsen bereits seit einiger Zeit getrübt, und nach elf Tagen hatten sich damals die Märkte wieder gefangen, so Baitinger.
Grundsätzlich böten Rückschläge immer auch die Chance, zu günstigeren Kursen wieder in den Markt einzusteigen. Dieses Verhalten konnte auch in den vergangenen Tagen beobachtet werden, als die Börsen zwischenzeitlich ins Plus drehten. Offenbar nutzen erste strategische Investoren das aktuelle Marktumfeld für langfristige Anlagen, so Baitinger. Dennoch seien Aktienkäufe nach dem Muster „Buy the Dip“ in der aktuell sehr unübersichtlichen Situation mit großen Risiken verbunden. Für den Fall, dass die Börsen weiter nachgeben, drohten Anlegern hohe Verluste.
Ob die Notenbanken auch dieses Mal wieder in der Lage sein werden, die Finanzmärkte zu stabilisieren („Notenbanken-Put“) sei alles andere als sicher. So lösten die jüngsten Leitzinssenkungen der US-Notenbank Verunsicherung aus und provozierten Kursverluste, anstatt die Märkte zu stützen. Ob die Ankündigung der EZB, über ihr neues „PEPP“-Programm Staats- und Unternehmensanleihen für 750 Milliarden Euro zu kaufen, nachhaltig Wirkung zeigt, bleibt ebenfalls abzuwarten.
In den vergangenen Wochen standen alle Märkte unter erheblichem Verkaufsdruck. Auch als sicher geltende Vermögenswerte (AAA-Anleihen, Gold) wurden liquidiert, um Verluste in anderen Bereichen auszugleichen. Ob und wie stark der Ausverkauf noch weitergeht, hänge entscheidend vom Verlauf der Covid19-Epidemie in den USA ab. Amerikanische Großstädte wie New York stehen vor einer massiven Neuinfektionswelle und könnten regelrecht überrollt werden. Sollten die Infektionszahlen in den USA weiter stark steigen, wovon derzeit auszugehen sei, drohe eine zweite Verkaufswelle. Auch systemische Risiken - von Kreditausfällen bis zu einer neuen Finanzkrise - würden deutlich zunehmen. US-Assets, traditionell geschätzt als Hort der Stabilität, könnten dann erheblich unter Druck geraten. Solange dieses Szenario droht, sollten Anleger ihre Risiko-Exponierung strikt begrenzen, rät Baitinger. Gleichzeitig sei hohe Flexibilität gefragt. Denn: Sobald sich der Anstieg der weltweiten Covid19-Infektionen erstmals deutlich verlangsamt, wären deutliche Markterholungen zu erwarten. (DFPA/JF1)
Quelle: Marktkommentar Feri
Die 1987 gegründete Feri-Gruppe mit Sitz in Bad Homburg ist in den Geschäftsfeldern Vermögensberatung und -verwaltung sowie Wirtschaftsforschung tätig. Seit 2006 gehört die Unternehmensgruppe zum MLP-Konzern. Zusammen werden derzeit Vermögen in Höhe von 39,2 Milliarden Euro betreut.