Offene Immobilienfonds: Fondsanbieter unter Anlagedruck
Die Kapitalanlage „Offener Immobilienfonds“ wird sich im Jahr 2016 weiterhin großer Beliebtheit erfreuen. „Wir rechnen auch im laufenden Jahr mit milliardenschweren Zuflüssen“, sagt Sonja Knorr, Director Alternative Investments beim Analysehaus Scope Ratings. Neben heimischen Investoren hätten auch Anleger aus dem Ausland – vor allem aus Nordamerika und Asien – den deutschen Immobilienmarkt entdeckt. Unterm Strich schätzt Knorr die Mittelzuflüsse bei den nicht in Abwicklung befindlichen Offenen Immobilienpublikumsfonds für das Jahr 2015 auf über fünf Milliarden Euro. Das wären noch einmal deutlich mehr als im Vorjahr mit rund 2,8 Milliarden Euro.
Auch wenn die ökonomischen Rahmenbedingungen aus Sicht vieler Investoren unverändert für Immobilieninvestments sprechen, sind die Risiken bei derartigen Investments laut Scope zuletzt deutlich gestiegen. „Der Markt ist in Teilen bereits heiß gelaufen. Die Luft für langfristige Erträge aus weiteren Wertsteigerungen ist entsprechend dünn“, beobachtet Knorr. Das setze die Fondsanbieter unter immer stärkeren Druck, sodass viele Fonds dazu übergingen, auf riskantere Investments als bisher auszuweichen. Die Fondsmanager würden meist keine Abstriche bei der Lage der Objekte machen, investierten aber zum Beispiel zunehmend in Immobilien mit Leerstand und Sanierungsbedarf oder Projektentwicklungen. „Eine Projektentwicklung birgt größere Cash-Flow-Risiken als der Ankauf einer voll vermieteten Core-Immobilie. Bei Projektentwicklungen mit Vermietungs- oder gar Planungs- und Baukostenrisiken gehen die Fondsmanager eine Wette auf die zukünftige Mietentwicklung ein“, sagt die Analystin.
Bislang sei der Mietmarkt intakt, weshalb Knorr derzeit trotz stark gestiegener Immobilienpreise kurzfristig noch keine Gefahr für die Wertentwicklung von Immobilienfonds sieht. Diese werde nicht nur von der Wertsteigerung der Gebäude beeinflusst, sondern auch von den laufenden Erträgen aus den Mieteinnahmen. Somit hänge sie auch von der Konjunktur ab. Offene Immobilienfonds investieren zum großen Teil in gewerbliche Immobilien – stottert der Konjunkturmotor, sinken auch die Mieteinnahmen, weil mehr Flächen aufgrund von Flächenreduktionen und Insolvenzen leer stehen. Die durchschnittliche Vermietungsquote der Fonds liegt aktuell bei circa 94 Prozent, was einen soliden Wert darstellt. „Wenn die Konjunktur sich eintrübt, könnten auch die Vermietungsquoten und die Renditen der Immobilienfonds unter Druck geraten“, warnt Knorr. Schlimmstenfalls drohe eine Abwärtsspirale: Wenn die Mieteinnahmen stagnieren oder infolge einer abkühlenden Konjunktur sinken, fallen auch die Immobilienpreise. Das würde die Renditen der Fonds zusätzlich belasten. „Durch steigende Zinsen könnten die Fonds darüber hinaus in der Anlegergunst leiden, denn die Alternativanlagen würden damit wieder an Bedeutung gewinnen. Wenn sich ein solches Szenario konkretisiert, wird der Druck auf die Ratings der Fonds steigen“, kündigt Knorr an.
Vorerst sehe es danach allerdings nicht aus, zumal viele Fonds Mittelzuflüsse auch begrenzen können, um die Liquidität und damit den Anlagedruck nicht zu stark anschwellen zu lassen. Das bestätige auch die aktuelle durchschnittliche Liquiditätsquote die laut Scope zuletzt um 60 Basispunkte auf rund 21 Prozent gesunken ist.
Quelle: Pressemitteilung Scope
Scope Ratings wurde im Jahre 2002 als unabhängige Ratingagentur mit Sitz in Berlin gegründet und bewertet Finanzinstitutionen, Unternehmen, strukturierte Finanzprodukte und Alternative Investmentfonds. (JF1)