Studie: Zukunft der privaten Krankenversicherung ist digital
Steigende Krankheitskosten, Ungewissheit über zukünftige gesundheitspolitische Maßnahmen, dazu die spürbaren Auswirkungen der Niedrigzinsphase auf die Beitragsentwicklung: Das sind nur einige Herausforderungen, denen sich private Krankenversicherer in Deutschland gegenübersehen. Gleichzeitig tun sich durch technologische Innovationen immer mehr Möglichkeiten in puncto Kundenausrichtung und Effizienzsteigerung auf. Die Digitalisierung hat sich auch im Bereich der PKV inzwischen als größter Veränderungstreiber etabliert – das zeigt die aktuelle Studie „PKV der Zukunft – Wo geht die Reise hin?“. Gemeinsam mit dem Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln (IVK) und der Wiesbaden Business School hat Deloitte zwischen Mai und Juli 2020 die Vorstände von 16 privaten Versicherungsunternehmen zu ihrer aktuellen und zukünftigen Positionierung im Geschäftsumfeld befragt. Die Studienteilnehmer repräsentieren rund 70 Prozent der Bruttoprämien des deutschen PKV-Markts.
Im Rückblick auf 2019 sind rund 94 Prozent der Befragten mit ihrer Geschäftsentwicklung zufrieden, ganze 38 Prozent zeigen sich sogar „sehr zufrieden“. Maßgeblich ausschlaggebend für diese Bewertung ist die positive Entwicklung des Neugeschäfts. „Die Befragung hat gezeigt, dass für fast 70 Prozent der Unternehmen das Neugeschäft die wichtigste Steuerungsgröße für das Krankenversicherungsgeschäft ist – noch vor dem versicherungstechnischen Ergebnis und den Beitragseinnahmen“, sagt Stefanie Kampmann, Partnerin und Leiterin Insurance Consulting bei Deloitte.
Der Blick in die Zukunft ist indessen mit einer gewissen Unsicherheit behaftet: Die Mehrheit der Befragten erwartet im Falle politischer Veränderungen starke Auswirkungen auf ihr Tätigkeitsfeld. Darunter fallen etwa mögliche Eingriffe in das PKV-Geschäftsmodell – wie die Einführung einer Bürgerversicherung – sowie Veränderungen im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherer.
Die Digitalisierung hat den gesamten Gesundheitssektor erfasst, unter anderem mit Gesundheits-Apps, Online-Selbsttests oder digitalen Gesundheitsakten. Mit Big Data und künstlicher Intelligenz (KI) stehen zudem Innovationen bereit, die das Gesundheitswesen dauerhaft transformieren werden. Diesen Trend erkennen auch die befragten Vorstände an: Mit einer Zustimmungsquote von 100 Prozent ist die Digitalisierung für sie mittelfristig der wichtigste Veränderungstreiber im Geschäftsumfeld der Krankenversicherer.
Im Krankenversicherungsbetrieb sind sich die Teilnehmer weitgehend einig, dass durch digitale Technologien Einsparungen und Effizienzsteigerungen erzielt werden können. Ein Großteil der Befragten sieht hohes Potenzial für den Einsatz von KI und Robotics Process Automation (RPA) – sowohl in der Leistungsbearbeitung (94 Prozent) als auch in Tarifierung, Risikoprüfung und im Underwriting (69 Prozent). Demgegenüber überwiegen bei der Nutzung von Cloud-Lösungen für zahlreiche Versicherer noch Datenschutzbedenken.
Zusätzlich zum allgemeinen Digitalisierungstrend hat die Covid-19-Krise die Umsetzung bereits bestehender oder initiierter Digitalisierungsmaßnahmen deutlich vorangetrieben: Laut der Befragten hat die Pandemie sowohl die Digitalisierung von Prozessen (63 Prozent Zustimmung) als auch die der Kundenkommunikation (56 Prozent Zustimmung) beschleunigt. „Das betrifft beispielsweise digitale Arbeits- und Kollaborationsmodelle, den Auf- und Ausbau digitaler Gesundheitsangebote, aber auch die Überarbeitung der Ansprachekonzepte für einen noch zielgruppengerechteren Kundenservice“, erläutert Kampmann.
Das Gros der privaten Versicherer geht davon aus, dass sich der Wettbewerb zukünftig verschärfen wird, sei es zur gesetzlichen Krankenversicherung (82 Prozent) oder zur direkten PKV-Konkurrenz (69 Prozent). Welche Schwerpunkte wollen sie setzen, um auch zukünftig erfolgreich am Markt zu bestehen? Produktseitig machen die Vorstände das größte Wachstumspotenzial einstimmig in der Krankenzusatzversicherung aus (100 Prozent Zustimmung), gefolgt von der betrieblichen Krankenversicherung (81 Prozent Zustimmung).
Nicht zuletzt zeigt sich schon jetzt, dass digitale Produkte und Services dazu beitragen können, die Kundenzufriedenheit und -gesundheit positiv zu beeinflussen. Die befragten Versicherer nennen Apps zur Therapieunterstützung (94 Prozent), Telemedizin (88 Prozent) und ePortale (81 Prozent) als vielversprechendste Angebote – die Mehrheit der Teilnehmer hat sie sogar bereits implementiert. Zugleich gehen 94 Prozent davon aus, dass digitale Gesundheitsprodukte die Gesundheitskosten langfristig senken werden. Hierfür wollen die Unternehmen auch verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, zum Beispiel InsurTechs, Gesundheitsdienstleistern oder Vertriebspartnern, setzen.
„Anstatt der reinen finanziellen Absicherung anfallender Krankheitskosten ist es zunehmend die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der Lebensqualität der Kunden, die das Zukunftsbild der privaten Versicherer prägt“, resümiert Kampmann. „Aber auch wenn der Weg zum Gesundheitsdienstleister mit einem umfassenden Transformationsprozess verbunden ist, können bereits einzelne zielgerichtete Schritte in Sachen Kundenservice und Effizienz in naher Zukunft einen entscheidenden Unterschied am Markt ausmachen.“ (DFPA/jpw1)
Quelle: Pressemitteilung Deloitte
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