Zeitenwende im Asset Management
Die Kapitalanlagezeitung „EXXECNEWS (Ausgabe 01/02 vom 16. Januar 2017) hat auf dem deutschen Markt vertretene Fondsgesellschaften dazu befragt, ob sie in 2017 eine Fortsetzung des Schrumpfungsprozesses in der Asset-Management-Branche erwarten. Denn während Spezialfonds beständig hohe Mittelzuflüsse verzeichnen, stagniert das Geschäft mit Publikumsfonds, die insbesondere von ETF (börsengehandelte Indexfonds) unter Druck gesetzt werden. Vorherrschend scheint die Ansicht, dass das aktuelle Kapitalmarktumfeld gegen ETF spricht.
So meint Hans-Jörg Naumer, Leiter Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors: „Je stärker die Volatilität (und das wird eines der Hauptkennzeichen des nächsten Jahres werden), je stärker ein Trendwechsel an den Kapitalmärkten zu erwarten ist, desto mehr fallen die Vorteile aktiv gemanagter Produkte ins Gewicht. Passive Produkte bilden nolens volens immer nur die Welt von gestern ab – und das ebenfalls nicht unentgeltlich. Es dominieren jene Assetklassen, die über lange Zeit hipp waren. Bedenklich wird es jedoch, wenn diese dann ins Abseits geraten. Noch bedenklicher: Bei geringer Liquidität können passive Produkte, die dogmatisch einer Benchmark folgen, schnell ‚gesqueezt‘ werden: Sie müssen Phantasiepreise bezahlen oder zu Krisenkursen verkaufen. Aktive Fonds haben bei der richtigen Titelauswahl den Vorteil, Unternehmensanteile zu halten oder profitabel an jene verkaufen, die sich eindecken müssen. Besonders im Anleihensegment wird das immer wichtiger. Hier gibt es selbst schon bei Staatsanleihen bester Bonität eine deutlich verringerte Liquidität.“
Diese Einschätzung teilt Karl Stäcker, Sprecher der Geschäftsführung von Frankfurt-Trust: „Passive Produkte werden in einem zunehmend volatileren Umfeld zumindest beim Privatanleger tendenziell an Attraktivität verlieren, da dort Kursverluste an den Börsen nahezu ungefiltert weitergegeben werden. Im Gegensatz dazu sollten gut gemanagte aktive Fonds, die Verluste abfedern können, von steigender Nachfrage profitieren.“
Unter den Fondskategorien dürften insbesondere Mischfonds weiter zu den Gewinnern zählen: Stäcker: „Wir gehen davon aus, dass defensive Mischfonds sowie Konzepte mit hoher Alpha-Fokussierung (marktneutrale Aktienstrategien und Enhanced Liquidity) besonders nachgefragt werden. Long-only-Aktien- und -Rentenfonds werden bei hoher Volatilität an den Aktienbörsen und tendenziell steigenden Zinsen eher an Volumen verlieren.“ Naumer: „‚Blockbuster‘ dürften auch im kommenden Jahr Multi-Asset-Produkte bleiben. Mit diesen Produkten können die Anleger das Management verschiedener Anlageklassen delegieren, und können dafür eine geringere Volatilität als im Vergleich zu reinen Aktienfonds erwarten. Das ist auch verhaltensökonomisch betrachtet ein wichtiger Aspekt für den Erfolg dieser Produktgattung.
Bei den Staatsanleihen dürften inflationsindexierte Anleihen und Anleihen kürzere Laufzeit vermehrte Aufmerksamkeit spüren, die zum Beispiel auch Unternehmensanleihen schlechterer Bonität beimischen, um den Kapitalertrag zu steigern. Die kurzen Laufzeiten schützen vor dem Durationsrisiko, das bei US- stärker als bei Euro-Anleihen zum Thema werden sollte.“
Seine Einschätzung für die Entwicklung der wichtigsten Anlagemärkte in 2017 fasst Stäcker wie folgt zusammen: „In Summe müssen sich Anleger hierzulande auf ein anhaltend niedriges Zinsniveau bei deutlich höheren Schwankungsrisiken an den Aktien- und Anleihemärkten einstellen.“ Er geht davon aus, dass die teilweise schon anspruchsvollen Bewertungen sowie die in Europa vorhandenen politischen Risiken mit den Wahlen in Frankreich und Deutschland an den Aktienmärkten die positiven Effekte der aggressiven Geldpolitik der Notenbanken dämpfen werden. Nach Einschätzung von Naumer könnten europäische Aktien zu den Gewinnern gehören: „Zwar stehen auch hier im Jahr 2017 eine Serie von Wahlen an, aber das politische Agenda Setting findet nun verstärkt jenseits des großen Teichs statt. Der zugrundeliegende Kurs, der die globalen Konjunktur beeinflusst, heißt ‚Reflationierung‘, wenn auch auf sehr niedrigem Niveau. Die Basiseffekte der Energiepreise lassen erwarten, dass sich die niedrigen Verbraucherpreise der höheren Kernrate annähern. Dazu kommt, dass ‚De-Globalisierung‘ höhere Zölle und einen niedrigeren Wettbewerbsdruck auf der Preisseite bedeuten.“ Der europäische Anleihemarkt dürfte sich von dieser Tendenz am besten abschotten können. Generell werden aber inflationsindexierte Anleihen und eine kürzere Duration interessant. (JPW)