"Zinswende" das Investment-Wort des Jahres 2017
Vermögensverwalter in Deutschland erwarten für das Jahr 2017 einen moderaten Kursanstieg der wichtigsten Aktienindizes, eine Fortsetzung der Nullzins-Politik im Euro-Raum und einen weiteren Anstieg für Edelmetalle und Öl. Für Privatanleger empfehlen die Anlageexperten, das Gros ihrer Anlagen in Aktien aus den Industrienationen zu investieren. Carsten Mumm, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Privatbank Donner & Reuschel, schätzt auf Anfrage der Kapitalanlagezeitung „EXXECNEWS“ (Ausgabe 01/02, 16. Januar 2016) die Anlage im Segment der Anleihen als am schwierigsten ein.
„Wir gehen von steigenden Zinsen bei Bundesanleihen mit langen Laufzeiten aus, vor allem getrieben durch einen weiteren Inflationsanstieg. Die Risikoprämien von Unternehmens- und High-Yield-Anleihen dürften sich angesichts einer global moderat positiven konjunkturellen Dynamik und das nach wie vor bestehenden allgemeinen Anlagenotstands nicht deutlich ausweiten. Somit sind hier in der Regel noch positive aber die vorhandenen Risiken kaum adäquat abdeckende Zinsen zu vereinnahmen. Anders als in den USA, wo wir mit weiter steigenden Leitzinsen rechnen, werden die kurzfristigen Zinsen in Euroland durch die EZB administriert negativ bleiben. Aufgrund der schon heute bestehenden immensen Probleme der Finanzindustrie durch das Negativzinsumfeld werden die Euro-Leitzinsen jedoch nicht weiter abgesenkt. Das laufende Wertpapierkaufprogramm wird die EZB trotzdem über März hinaus verlängern, weil die Hauptargumente für die ultra-expansive Geldpolitik – das schwache Wachstum, die unter EZB-Zielwert rangierende Inflation und die Euroland-Staatsschuldenkrise – noch immer vorhanden sind“, so Mumm.
Das Gros seiner befragten Kollegen erwartet auch im nächsten Jahr keine signifikanten Veränderungen des Leitzinses im Euro-Raum. Erst auf Dreijahressicht ist für viele ein leicht höheres Zinsniveau vorstellbar. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) findet nun auch etwas mehr Akzeptanz unter den Profis. Bewerteten bei der Vorjahresumfrage noch zwei Drittel der Teilnehmer die ultralockere EZB-Geldpolitik als Grundstein für die nächste Finanzkrise, bewertet nun die Mehrheit die Geldpolitik mit den Ankaufprogrammen als einzige Möglichkeit zur Stabilisierung der Finanzmärkte – wenn auch nicht kritiklos. Im Gegensatz dazu rechnen die unabhängigen Vermögensverwalter mit einer Fortsetzung der begonnenen Zinswende in den Vereinigten Staaten und einem Anstieg des US-Leitzinses von aktuell 0,5 bis 0,75 Prozent auf 1,1 Prozent binnen Jahresfrist.
Für drei der wichtigsten Aktienindizes prognostizieren die Vermögensverwalter steigende Kurse in 2017. Für den deutschen Leitindex DAX erwarten die Experten für das kommende Jahr einen Anstieg um fünf Prozent (Basis: Schlussstand vom 12. Dezember 2016) auf einen durchschnittlichen Stand von 11.761 Punkten. Den europäischen Leitindex EuroStoxx 50 sehen die Vermögensmanager bis Ende 2017 bei 3.321 Punkten, ein Plus von knapp vier Prozent. Im Vorjahr war für diese beiden Indizes jeweils noch ein Zuwachs von über acht Prozent erwartet worden. Für den US-amerikanischen Unternehmensindex S&P 500 wird ein Zuwachs von durchschnittlich nur noch 1,5 Prozent auf 2.290 Punkte prognostiziert. Die Prognose für 2016 hatte noch bei einem Plus von fünf Prozent gelegen.
Differenziert schätzt Mumm gegenüber„EXXECNEWS“ die Aussichten für die Aktienmärkte ein: „In der reichlichen Liquiditätsausstattung der Märkte sehen wir einen Grund, weshalb europäische Aktienmärkte in 2017 – wenn auch unter teils heftigen (geo-) politisch induzierten Schwankungen – Potential für weitere Kurssteigerungen haben. Zusätzlich unterstützen die günstigen Finanzierungsbedingungen der Unternehmen, eine tendenziell anziehende Inflation sowie ein krisenbedingt schwacher Euro. Letzterer dürfte auch wegen der hohen Zinsdifferenz zwischen dem Europäischen Währungsraum und den USA gegenüber dem US-Dollar weiter abwerten. Positiv für hiesige aber negativ für US-Unternehmen, weshalb wir amerikanischen Aktien kaum Kurssteigerungen zutrauen. Außerdem sind amerikanische Aktien anders als Euroland-Aktien teils bereits vergleichsweise hoch bewertet. Belastend dürfte hier auch der nach einigen Wochen voraussichtlich nachlassende Trump-Effekt wirken. Schließlich ist sein Amtsantritt mit sehr viel Unsicherheit über seinen politischen Kurs und dessen Auswirkungen auf die globale und die US-Ökonomie verbunden“, so Mumm.
In Sachen Rohstoffe erwarten die Vermögensverwalter für 2017 einen Anstieg des Goldpreises um sechs Prozent gegenüber dem aktuellen Kurs auf dann durchschnittlich 1.229 US-Dollar pro Unze. Für Silber gehen die Vermögensverwalter von einem Anstieg um etwas über elf Prozent auf 19 US-Dollar pro Unze aus. Auch der Anstieg des Ölpreises dürfte sich demnach fortsetzen. (JPW)