Aberdeen: Neue Notenbankchefs müssen ihre Unabhängigkeit bewahren
Der Vermögensverwalter Aberdeen Standard Investments setzt sich in seinem aktuellen „Weekly Economic Briefing“ mit Führungswechseln bei den Notenbanken und damit verbundenen Fragen der Geldpolitik auseinander. Da die meisten Zentralbanken der Industrieländer ihre geldpolitischen Maßnahmen zurückschrauben, ist es Mode geworden, von einem Wendepunkt der Geldpolitik zu sprechen, schreibt Aberdeen und fragt: „Steht nicht das Zentralbankwesen generell vor einer Wende?“
Die fünf wichtigsten Zentralbanken der Welt – das US Federal Reserve Board, die People’s Bank of China, die Europäische Zentralbank, die Bank of Japan und die Bank of England werden wahrscheinlich neue Präsidenten haben, bevor das Jahrzehnt zu Ende geht.
„Es ist eine Untertreibung zu sagen, dass von diesen Personalentscheidungen viel abhängt“, schreibt Jeremy Lawson, Chefvolkswirt bei Aberdeen. „Sie sind nicht die Architekten der unkonventionellen Maßnahmen, aus denen sie den Ausstieg bewerkstelligen werden müssen; einige von ihnen mögen sogar ausgesprochene Kritiker der gegenwärtigen Regime sein“, so Lawson. Das werfe die Frage auf, ob im nächsten globalen Abschwung die Reaktionen wieder so stark ausfallen werden. Während die europäische Notenbank unter Trichet Fehler gemacht habe, würden die Erfolge der Draghi-Ära zeigen, wie sehr es auf die Führung ankomme, erläutert Lawson.
Noch mehr gehe es um die Frage der Unabhängigkeit von der Politik. Lawson: „Wir können uns nicht erinnern, dass die Geldpolitik jemals stärker politisiert wurde als heute.“ Bis zu einem gewissen Grad machten die Finanzkrise und ihre Auswirkungen dies unvermeidlich. In einer Demokratie habe die Politik eine legitime Rolle, wenn es darum geht, die Ziele festzulegen und Rechenschaft einzufordern. „Aber wie wir aus den 70er und 80er Jahren wissen, ist es unwahrscheinlich, dass die Einmischung in die alltäglichen Entscheidungen zu besseren Ergebnissen führen lässt. Leider kann es sein, dass diese Erkenntnis nicht reicht. Die nächste Generation von Zentralbankern wird daher geschickter sein müssen, wenn sie ihre hart erkämpfte Unabhängigkeit behalten will“, heißt es abschließend im Ausblick.
Quelle: Marktkommentar Aberdeen Standard Investments
Aberdeen Asset Management ist eine börsennotierte Vermögensverwaltung mit Sitz in Aberdeen. Das 1983 gegründete Unternehmen bietet aktiv verwaltete Aktien-, Renten- und Immobilienfonds sowie alternative Anlagen für Privatanleger und institutionelle Anleger wie Versicherungen, Unternehmen, Stiftungen, Kirchen und Dachfonds an. Aberdeen beschäftigt rund 2.700 Mitarbeiter in weltweit 39 Büros und verwaltet ein Kapitalvermögen in Höhe von 360,2 Milliarden Euro. (Stand: 31. März 2017). (TS1)