Abschaffung von Bargeld greift Sparguthaben an
Aktuell kommt wieder Fahrt in die Diskussion rund um die Reduktion oder gar Abschaffung des Bargeldes. Konkret diskutiert wird der Plan der Bundesregierung, Barzahlungen über 5.000 Euro gesetzlich zu verbieten. Hinzu kommt ein Vorschlag der Europäischen Zentralbank (EZB), die Verwendung von 500-Euro-Banknoten vollständig einzustellen. Von den Befürwortern wird ins Feld geführt, dass ohne Bargeld Schwarzarbeit und organisierte Kriminalität kaum noch finanziell möglich wären. „Dabei dürfte aber tatsächlich eine andere Überlegung im Vordergrund stehen: Eine Übertragung der Negativzinsen einiger Zentralbanken wie der EZB auf Sparer und Unternehmen“, sagt Philipp Dobbert, Chefvolkswirt der auf Honorarberatung spezialisierten Quirin Bank.
Bereits 2014 hat der US-Volkswirt Kenneth Rogoff Kosten und Nutzen einer Abschaffung des Bargelds diskutiert. Ohne Bargeld – so die Überlegung – ließen sich Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft, aber auch organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung kaum noch umsetzen. Ausschließlich elektronisch belegte Zahlungen würden dazu führen, dass diese Bereiche finanziell austrocknen.
Rogoff geht in seinem Artikel aber im Wesentlichen auf eine andere, wirtschaftspolitisch aktuell weit relevantere Motivation ein: Eine vollständige Abschaffung des Bargelds würde vor allem dazu führen, dass die Zentralbanken ihre derzeitige Politik negativer Zinsen für die Einlagen von Geschäftsbanken auch voll auf die Einlagen von Sparern und Unternehmen ausdehnen könnten. Es sei wahrscheinlich, dass sich Sparer ihre Einlagen vollständig auszahlen lassen würden, wenn ihre Bank einen negativen Zins – also Kosten statt Rendite – auf Spar- und Tagesgelder einführen würde. Wenn es aber kein Bargeld mehr gäbe, wäre eine solche Ausweichreaktion unmöglich und der negative Zins würde voll auf die Guthaben durchschlagen.
Auf diese Weise ließe sich so eine Umverteilung der Krisenkosten seit 2008 weg von den Schuldnern hin zu den Sparern bewerkstelligen. Eine Abschaffung des Bargelds würde das aktuelle Niedrigzinsumfeld zementieren und weiter verschärfen. Entziehen könnten Sparer sich solchen möglichen Entwicklungen letztlich nur, indem sie sich am Kapitalmarkt engagieren und konsequent in Aktien und Anleihen investieren.
Quelle: Pressemitteilung Quirin Bank
Die Quirin Bank AG betreibt Bank- und Finanzgeschäfte in zwei Geschäftsfeldern: Anlagegeschäft für Privatkunden (Honorarberatung) sowie Beratung bei Finanzierungsmaßnahmen auf Eigenkapitalbasis für mittelständische Unternehmen (Unternehmerbank). Das Finanzinstitut ist 1998 gegründet worden, hat seinen Hauptsitz in Berlin und betreut gegenwärtig rund 9.000 Kunden mit einem Anlagevolumen von rund 2,7 Milliarden Euro. (JF1)