"Aktienmärkte: Schwieriges Umfeld erfordert strikte Selektivität"
Die globalen Aktienmärkte haben in den vergangenen Wochen kräftig Federn gelassen, schreibt Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Head of Asset Allocation in der Feri-Gruppe, in einem Marktkommentar. Nach den Korrekturen sehen die Bewertungsniveaus laut Baitinger teilweise wieder attraktiver aus. Damit stelle sich die Frage: Ergeben sich nun Kaufgelegenheiten oder sollten Anleger die technischen Gegenbewegungen dazu nutzen, ihre Aktieninvestments defensiver aufzustellen?
Zahlreiche Warnsignale legten den Schluss nahe, dass in der aktuellen Lage Vorsicht geboten ist, so Baitinger. Gegen eine klassische „Buy the Dip“-Strategie, bei der Kursrücksetzer zum Nachkauf genutzt werden, spreche grundsätzlich der Umstand, dass der globale Konjunkturzyklus bereits weit fortgeschritten ist und die US-Notenbank ihren restriktiven Kurs unbeirrt fortsetze. Außerdem senden die Finanzmärkte bereits seit dem Frühjahr 2018 signifikante Warnsignale, die sich zuletzt teilweise sogar verschärft hätten. So sei die Marktbreite, gemessen am Anteil der Aktien mit positiver Performance, seit geraumer Zeit sowohl auf der globalen Ebene, als auch innerhalb der jeweiligen Regionen, extrem gesunken.
Auch der „Smart Money Index“ (SMI), der das Kauf- und Verkaufsverhalten großer Investoren im Dow Jones Index abbildet, liegt Baitinger zufolge aktuell so tief wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das für die Stabilität eines Börsenzyklus maßgebliche „Smart Money“ habe sich demnach schon vor Monaten aus den Märkten zurückgezogen.
Weitere Hinweise darauf, dass es sich bei den Korrekturen an den Finanzmärkten nicht um charttechnischen Ausrutscher handele, sondern um fundamentale Ursachen, seien sowohl das relativ schlechte Abschneiden zyklischer Aktien gegenüber defensiven Titeln, als auch die Underperformance von Small-Cap-Werten gegenüber dem Large-Cap-Segment. Beide Signale implizieren laut Baitinger Risiken auf Seiten der fundamentalen Wirtschafts- und Unternehmensdaten, die voraussichtlich längerfristig Bestand haben werden.
Neben dem eingetrübten konjunkturellen Umfeld seien speziell für Europa der unklare Ablauf des Brexit und insbesondere der Budgetstreit zwischen Italien und der EU weitere ernstzunehmende Unsicherheitsfaktoren. Vor allem Italien drohe zu einem größeren Problem zu werden. Alles deute darauf hin, dass die populistische Regierung in Rom von ihrem Konfrontationskurs nicht abweichen wird und bei einer möglichen Eskalation die schiere Größe ihrer Schulden als Erpressungsinstrument anwendet, um die EU zum Einlenken zu bewegen. Da bei dieser Auseinandersetzung der Fortbestand der Währungsunion auf dem Spiel stehe, liege im Streit zwischen Italien und der EU weitaus mehr Zerstörungskraft, als bei einem unkontrollierten Brexit. Das gegenwärtige Gesamtumfeld spreche für einen nachhaltigen Favoritenwechsel an den Finanzmärkten. Defensive Titel und marktneutrale Investmentvehikel sollten systematisch gegenüber den klassischen „Zyklikern“, die eine hohe Konjunktursensitivität aufweisen, bevorzugt werden, so Baitinger abschließend.
Quelle: Marktkommentar Feri-Gruppe
Die 1987 gegründete Feri-Gruppe mit Sitz in Bad Homburg ist in den Geschäftsfeldern Vermögensberatung und -verwaltung sowie Wirtschaftsforschung tätig. Seit 2006 gehört die Unternehmensgruppe zum MLP-Konzern. Zusammen werden Vermögen in Höhe von rund 34 Milliarden Euro betreut. (JF1)