Aktienmarkt: Optimismus erhöht Risiko für Enttäuschungen
Die Berichtssaison neigt sich dem Ende zu und war durchaus erfreulich - zumindest oberflächlich betrachtet: So sind die Gewinne der „Magnificent Seven“ im vergangenen Jahr um 60 Prozent gestiegen. Beim genaueren Hinschauen ergibt sich jedoch ein ganz anderes Bild: Nimmt man die „Magnificent Seven“ heraus, ist bei den Gewinnen des S&P 500 im vierten Quartal ein Rückgang um zwei Prozent zu beobachten, die Gewinne europäischer Aktien sinken sogar um elf Prozent. Das merkt Joseph V. Amato, Präsident und CIO bei Neuberger Berman, in einem Kommentar an.
Der aktuelle Optimismus an den Börsen schaffe vor allem eines: Raum für Enttäuschungen, die Investoren später empfindlich treffen könnten. Noch sei die Stimmung an den Märkten gut. Doch die aktuelle globale Wirtschaftslage biete Raum für Pessimismus: Wenn die Inflation und die Zinsen nicht wie erwartet fallen, werden Haushalte mit mittleren Einkommen ihre Ausgaben reduzieren müssen; steigende Arbeits- und Kreditkosten könnten es in Folge für Unternehmen schwer machen, ihre aktuellen Margen zu halten. Wenn sie deshalb Stellen abbauen, könnte sich dies wiederum negativ auf das Konsumklima auswirken und am Ende drohe eine harte Landung.
Aktuell ist in den USA die Arbeitslosigkeit noch immer sehr niedrig. Es werden viele neue Stellen geschaffen und im vierten Quartal 2023 ist das amerikanische BIP annualisiert um 3,3 Prozent gestiegen. Mittelfristig sinkende Inflation und Leitzinsen könnten die Wirtschaft auf Dauer stützen. Doch genau dieses Goldilocks-Szenario, das die perfekte Mitte beschreibt, also ein Wachstum der Wirtschaft, das weder zu hoch noch zu niedrig ist, könnte eine gewisse Enttäuschung bereithalten. China, Deutschland, Japan und Großbritannien seien nur einige große Volkswirtschaften, die sich bereits in einer Rezession befinden oder zumindest stagnieren.
Was also können wir aus den aktuellen Quartalszahlen lernen? Vorletzte Woche stand Nvidia im Blickpunkt – und konnte brillieren: mit einem Plus von fast 500 Prozent bei den Gewinnen und 265 Prozent beim Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. Die Erwartungen für das laufende Quartal liegen deutlich über den bisherigen Analystenschätzungen. CEO Jensen Huang sprach von einem „Kipppunkt“ bei der Chipnachfrage durch Künstliche Intelligenz. Auch Amato sieht die Halbleiterbranche am Beginn eines neuen Zyklus. Werte, die also durchaus optimistisch stimmen könnten. Leider seien sie jedoch nicht repräsentativ und aufgrund der starken Performance der Tech-Branche deutlich ins Positive verzerrt. Mit Nvidia an der Spitze sind die Gewinne der „Magnificent Seven“ um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Analysten rechnen damit, dass das Wachstum sich spätestens im dritten Quartal deutlich abkühlen könnte – einige sehen zum Jahresende sogar eine Trendwende.
Konjunkturell könne sich in nächster Zeit noch viel tun und die Risiken seien nicht zu übersehen. Die stabile US-Wirtschaft, die geringere Inflation und der absehbare Rückgang der kurzfristigen Zinsen seien gute langfristige Argumente für Aktien. Wer nach Einzelwerten sucht und dabei Unternehmen findet, die einen attraktiven Gewinnausblick aufweisen, könne Portfolios zusammenstellen, die fast jeder denkbaren Konjunkturentwicklung etwas entgegensetzen können. (DFPA/mb1)
Neuberger Berman ist ein unabhängiger Investmentmanager mit Sitz in New York City. Das Unternehmen verwaltet Aktien- und Anleihenanlagen sowie Private-Equity- und Hedgefonds-Portfolios für institutionelle Anleger und Berater auf der ganzen Welt.