Altersvorsorge und Geldanlage in Deutschland: Fünf Schritte, die Aktienkultur zu stärken
In einem von besorgniserregender Geldentwertung und niedrigen Zinsen geprägten Umfeld gewinnen auf Aktien basierende Geldanlage und Altersvorsorge weiter an Bedeutung. Die Berliner Ampelparteien haben im Koalitionsvertrag gleich mehrere Vorhaben zur Förderung der aktienbasierten Altersvorsorge vereinbart. Auch die EU-Kommission verfolgt im Rahmen ihrer „Kleinanlegerstrategie“ das Ziel eines besseren Marktzugangs für Geldanlagen mit höherer Rendite, so heißt es in einem Marktkommentar zur EU-Kleinanlegerstrategie von Prof. Dr. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA).
Jeder Ansatz zu Förderung und Ausbau der Aktienkultur sei zu begrüßen. Kritisch zu bewerten seien jedoch die Ausgangsthesen dieser politischen Bemühungen: „Der Staat ist der bessere Kapitalanleger als die Bürgerinnen und Bürger“ lautet die nationale Botschaft, „Kleinanlegern wird der Marktzugang erschwert“ die europäische. Die Bürger müssten jedoch nicht erst dazu angehalten werden, ihre Altersvorsorge selbst in die Hand zu nehmen. So zeigten die beiden regelmäßig durch DIVA erhobenen Indizes: Das Interesse der Menschen in Deutschland an aktienbasierten Geldanlagen, Vermögensaufbau und an Altersvorsorge steige kontinuierlich.
Fünf Punkte könnten wichtige Schritte zur Stärkung der Aktienkultur sein. Erstens wäre es wichtig, der Mündigkeit der Bürger Rechnung tragen. Jenseits des gesetzlichen Rentensystems seien diese selbst in der Lage, ihre Finanzthemen in die Hand zu nehmen. Ihnen sei bewusst, dass es ohne zusätzliche private Vorsorge nicht gehe. Deshalb sollten nicht staatliche Zwänge, Regulierungen und Vorgaben, sondern Freiräume und Mündigkeit der Bürger das Leitbild politischen Handelns sein. Zweitens solle der Versuchung der Überregulierung widerstanden werden. Ebenfalls wichtig: Eine kompetente Beratung (drittens) sicherzustellen und die Digitalisierung richtig zu nutzen (viertens). Finanzangebote im Internet bieten scheinbar attraktive Produkte und Kostenvorteile. Sie bieten laut Kommentar aber keine Lösungen für individuelle Lebensumstände. Und fünftens sei es wichtig, die Finanzbildung zu verbessern. Das Interesse der Bevölkerung an Finanzfragen müsse gefördert, Beratungsqualität ausgebaut und Finanzbildung verbessert werden.
Alle Schritte gingen Hand in Hand und könnten politisch gestützt werden: die Mündigkeit der Menschen ernstnehmen, Finanzthemen von bürokratischem Wust befreien, überbordende Regulierung von Finanz- und Vermögensberatung behutsam zurückfahren, Finanzbildung stärker fördern. Jeder für sich wäre ein guter Schritt in Richtung einer modernen Finanz- und Aktienkultur in Deutschland. Zusammen brächten diese mutigen Schritte sie auf ihrem Weg ein gutes Stück voran. (DFPA/mb1)
Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung GmbH (DIVA) ist das Forschungsinstitut des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV) und Hochschulinstitut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW).