Analyse: Green Finance leistet nur begrenzten Beitrag zum Klimaschutz
Banken und Fondsgesellschaften bieten grüne Aktien, Staatsanleihen und Portfolios an, die den Wandel der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen sollen. Allerdings hat Green Finance nicht unbedingt die positiven Eigenschaften, die sich Investoren erhoffen. Denn zwischen grünen Finanzierungsinstrumenten und der Verwendung der Mittel für grüne Zwecke in Unternehmen oder im Staatshaushalt besteht praktisch kein Kausalzusammenhang. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Analyse des Leibniz-Instituts für Finanzforschung SAFE, der ESMT Berlin und der ifo-Niederlassung Dresden - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
Unternehmen, die grüne Aktien emittieren, wirtschaften allein dadurch nicht nachhaltiger, und werden Aktientitel von Firmen zusammengestellt, die ökologisch verantwortlich wirtschaften, führt das den Autoren der Analyse zufolge noch nicht zu einer Veränderung in der gesamtwirtschaftlichen Produktion. „Wer in grüne Finanzanlagen investiert, macht dadurch zwar sein eigenes Portfolio grüner, aber es ändert sich nichts an den Emissionen der Gesamtwirtschaft“, sagt Jan Pieter Krahnen, SAFE-Direktor und einer der Autoren.
In ähnlicher Weise ermöglichen grüne Staatsanleihen der Bundesregierung, genau die Höhe der zuvor im Bundeshaushalt ausgewiesenen grünen Ausgaben zu begeben. So werden nur konventionelle Anleihen durch Green Bonds ersetzt: „Grüne Staatsanleihen stellen dem Bundeshaushalt keine zusätzlichen Mittel für eine nachhaltige Transformation zur Verfügung“, betont ESMT-Präsident Jörg Rocholl. Wenn private Anleger grüne Staatsanleihen kaufen, kann es daher keine direkten Auswirkungen auf den Klimaschutz geben.
Privatanleger können sich jedoch persönlich oder über ihre Fondsvertreter aktiv in unternehmerische Entscheidungsprozesse einbringen, um eine tatsächliche Umstellung der Produktion hin zu mehr Nachhaltigkeit anzustoßen. „Dabei müssen sie allerdings bereit sein, Renditeeinbußen in Kauf zu nehmen, denn eine grünere Unternehmenspolitik geht meist zu Lasten der Erträge“, sagt Marcel Thum, Direktor des ifo Dresden.
Die Autoren der Analyse fordern, den Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsbemühungen auf einen politischen Regulierungsrahmen, statt auf privates Engagement zu legen. Beispielsweise kann der Schadstoffausstoß mithilfe eines Emissionshandelssystems erheblich verringert werden, sodass ein machbarer Anpassungspfad in Richtung einer CO2-neutralen Gesellschaft erreicht wird. (DFPA/TH1)
Das Leibniz-Institut für Finanzforschung SAFE (Sustainable Architecture for Finance in Europe) widmet sich der interdisziplinären Erforschung der Finanzmärkte und ihrer Akteure in Europa sowie der forschungsbasierten, unabhängigen Politikberatung. Das Institut konzentriert sich auf die Zusammenarbeit von Forschern aus den Bereichen Finanz-, Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaft.