Analyse: Konjunktur bremst ab
Nach einem überdurchschnittlich starken BIP-Wachstum im vergangenen Jahr (plus 4,9 Prozent) bremst die wirtschaftliche Entwicklung nun auch in Berlin spürbar ab. Die Volkswirte der Investitionsbank Berlin (IBB) senken ihre Prognose von plus 1,5 Prozent und halten für 2023 nur noch ein Wachstum von rund plus ein Prozent für möglich. Damit würde die Berliner Wirtschaft aber gegenüber der Prognose für den Bund (minus 0,6 Prozent) immer noch überdurchschnittlich stark wachsen.
Hinrich Holm, Vorsitzender des Vorstands der IBB: „Die Berliner Wirtschaft ist von externen wirtschaftlichen Einflüssen und weltwirtschaftlichen Schocks nicht abgekoppelt. Auch wenn die wenigsten heimischen Unternehmen direkt für den Weltmarkt produzieren, so unterliegen sie indirekt doch den Konjunkturzyklen oder der Politik der Zentralbanken, die mit ihren Zinsentscheidungen ganze Volkswirtschaft abbremsen können. Gut, dass das Berliner Geschäftsmodell inzwischen auf einem breiten Fundament aufgestellt ist. Dienstleistungen, Tourismus, ein immer noch robuster Arbeitsmarkt und ein stabiler Konsum dürften ausreichend wirtschaftliche Dynamik entfalten, um Berlin auch in dieser Abbremsphase wieder über die bundesdeutsche Wachstumsschwelle zu heben.“
Von der globalen Konjunktur gehen derzeit nur geringe Impulse für die hiesige Industrie aus, hohe Zinsen mindern zudem die Berliner Investitionstätigkeit. Im Bereich der Start-up-Finanzierung halten VC-Investoren ihre Finanzierungen zurück und überprüfen Businesspläne zunehmend kritisch auf ihre Rentabilität. Zumindest das Ausbaugewerbe habe wieder Fahrt aufgenommen. Dort wurde im ersten Quartal 2023 im Bestand ein Umsatz von knapp 700 Millionen Euro erwirtschaftet, rund 111,5 Millionen Euro mehr als im Vorjahresquartal (plus 18,9).
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist im Mai 2023 im Jahresvergleich um knapp 26.100 auf rund 1,67 Millionen gestiegen. Laut Volkswirten der IBB liegt Berlin mit einem Zuwachs von 1,6 Prozent damit immer noch an zweiter Stelle aller Bundesländer und mehr als doppelt so hoch wie der deutsche Schnitt (plus 0,7 Prozent). Die Dynamik am Arbeitsmarkt hat nach den Höchstständen im Mai 2022 (plus 4,8 Prozent) damit allerdings spürbar nachgelassen. In den ersten vier Monaten 2023 haben die preisbereinigten Umsätze der unternehmensnahen Dienstleistungen um 13,0 Prozent zugelegt. Dabei haben alle Dienstleistungsbereiche zum Wachstum beigetragen. Ein verlässlich hohes Umsatzwachstum steuert der Bereich I&K bei. Im Zeitraum Januar bis April ist er gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 15,7 Prozent gewachsen. Allerdings dürfte insbesondere die Berliner Digitalwirtschaft von den Folgen der Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank nun überdurchschnittlich stark betroffen sein. Das Wegbrechen von Risikokapital, gestiegene Personalkosten und eine sinkende Konsumkraft von Verbrauchern könnten daher im Jahr 2023 die Laune auch in den Dienstleistungsbereichen eintrüben. (DFPA/mb1)
Die Investitionsbank Berlin (IBB) ist die Förderbank des Landes Berlin. Sie trägt mit ihrer Wirtschaftsförderung zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Berlin bei. In der Immobilienförderung ist sie Ansprechpartner in Finanzierungsfragen.