Analyse: Nachhaltigkeitsdefizite im deutschen Bankensektor
Zum sechsten Mal überprüft der von der Berliner NGO Facing Finance koordinierte Fair Finance Guide Deutschland (FFG) ob, beziehungsweise wie deutsche Banken und Sparkassen Menschen- und Umweltrechte beachten. In Kooperation mit dem Südwind Institut und der Verbraucherzentrale Bremen überprüft FFG dabei die veröffentlichten Selbstverpflichtungen von 18 Geldinstituten anhand von 275 Kriterien aus 14 Themen und Sektoren in Bezug auf deren Übereinstimmung mit internationalen Nachhaltigkeitsstandards. Untersucht wurden die Bereiche Klima, Korruption, Geschlechtergleichheit, Menschen- und Arbeitsrechte, Natur & Umwelt, Steuern, Rüstung und Transparenz. Die Gender-Richtlinien weisen bei den meisten Banken die größten Defizite auf.
Ziel des „Fair Finance Guide“ sei es, für Bankkunden mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in Bezug auf die soziale und ökologische Bilanz deutscher Banken herzustellen und im Dialog mit Banken deren Richtlinien zu verbessern. „Immer mehr Kunden wünschen sich einen Finanzdienstleister, der Nachhaltigkeit priorisiert. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass es unabhängige und verbrauchernahe Rankings gibt, die solche Entwicklungen transparent machen", sagt Christiane Overkamp, Geschäftsführerin der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen, die den FFG Deutschland mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen fördert.
Die besten Bewertungen erhalten zum wiederholten Mal die Nachhaltigkeitsbanken GLS Bank (96 Prozent), EthikBank (92 Prozent) und Triodos (87 Prozent), aber auch die Kirchenbanken KD-Bank (82 Prozent) und die Pax-Bank (85 Prozent) aus Köln erreichen wieder den grünen Bereich (80 Prozent plus). Die Neueinsteigerinnen Sparda-Bank West (acht Prozent) und DekaBank (27 Prozent) sowie die Stadtsparkasse Düsseldorf (23 Prozent) bilden die Schlusslichter im Fair Finance Guide. „Ein intensiver und konstruktiver Dialog mit Banken ist unverzichtbar, denn nur so können wir als Zivilgesellschaft regulatorischen Defiziten entgegenwirken und Banken dauerhaft für mehr Nachhaltigkeit in ihren Anlage- und Finanzierungsentscheidungen gewinnen", sagt Kleopatra Partalidou, Projektkoordinatorin des Fair Finance Guide.
„Banken dürfen nicht länger die Brandbeschleuniger für Klimawandel und militärische Konflikte bleiben", fordert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der NGO Facing Finance, die den Fair Finance Guide koordiniert. „Wenn die EU-Taxonomie Atomkraft und Gas als nachhaltig klassifiziert und solange Rüstungsexporte - besonders an kriegführende Staaten - nicht von der Taxonomie als nicht nachhaltig erfasst sind, werden umfassende Selbstverpflichtungen besonders der konventionellen Banken erforderlich sein", ergänzt Küchenmeister. In Stichproben konnten für die Deutsche Bank (56), die Commerzbank (24) und die DekaBank (33) die größte Anzahl kritischer Finanzbeziehungen festgestellt werden, unter anderem zu kontroversen Rüstungs- und Kohleunternehmen sowie Lithium Produzenten oder zum Unternehmen Adani Ports and Special Economic Zone Limited, das indirekt bei der Finanzierung des myanmarischen Militärs half. (DFPA/mb1)
Facing Finance e.V. setzt sich für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld ein und beabsichtigt institutionelle, öffentliche und private Finanzdienstleister, Bank- und Versicherungskunden zu sensibilisieren, nicht in Unternehmen zu investieren, die von Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung, Korruption und der Herstellung völkerrechtswidriger Waffen sowie von Waffenexporten in Krisenregionen profitieren.