"Anleihen richtig einsetzen"
Das erste Quartal 2022 war für Anleger eine große Herausforderung. Insbesondere war auf den US-Märkten zu beobachten, dass sich der breit gefasste Anleiheindex (S&P US Aggregate Bonds) mit minus 5,6 Prozent in US-Dollar schlechter entwickelte als der breite Aktienindex (S&P 500) mit minus 4,6 Prozent. Angesichts dieser Entwicklung stellen einige Anleger mit einer gemischten Allokation von festverzinslichen Wertpapieren und Aktien zwangsläufig die Logik von Anleihekäufen in Frage. Zu diesem Schluss kommt Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman beim Vermögensverwalter Grüner Fisher Investments.
„Festverzinsliche Titel können ebenso einbrechen oder ansteigen, in der Regel allerdings in geringerem Maße als Aktien“, erläutert Grüner. „In der aktuellen Situation erscheint es nicht gerade vorteilhaft, da Anleihen zur negativen Entwicklung von Aktien zusätzlich beitragen.“ Es sei jedoch nicht ungewöhnlich, dass sich Aktien und Anleihen in dieselbe Richtung bewegen – da die beiden Anlageklassen nicht negativ korreliert seien. Wichtig sei dabei, dass Anleihen eine deutlich geringere Schwankungsbreite aufweisen als Aktien. Zum jeweils negativsten Zeitpunkt im ersten Quartal hätten sich US-Aktien 12,3 Prozent im Minus befunden, US-Anleihen nur um 6,5 Prozent. Auch im Hinblick auf die besten und schlechtesten Tages- und Monatsrenditen zeigten historische Daten, dass Anleihen über eine moderatere Volatilität verfügen. „Anleihen besitzen also durchaus die Fähigkeit, die Gesamtvolatilität eines gemischten Portfolios abzudämpfen“, meint Grüner.
Anleihen entwickelten sich hauptsächlich in Abhängigkeit von der Inflation und den Inflationserwartungen, da die meisten Anleihen während ihrer Laufzeit feste Zahlungen leisten, und die Kaufkraft dieser Zahlungen in Abhängigkeit der künftigen Inflation schwanken würde. „Der wahrgenommene Kaufkraftverlust kann sich zwar entwickeln und verschieben, schwankt aber normalerweise nicht sehr stark“, so Grüner. „Aktien hingegen bewegen sich aufgrund der teilweise sehr hohen Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und Realität in Bezug auf unzählige Faktoren, die einen Einfluss auf die Unternehmensgewinne ausüben.“
Für die Beurteilung der heutigen Positionierung von Anleihen seien die Inflations- und Zinsaussichten zu berücksichtigen. „Unserer Ansicht nach wird der Aufwärtsdruck auf die Zinssätze von hier an wahrscheinlich nachlassen“, meint Grüner. Die Fed erhöhe zwar die kurzfristigen Zinssätze und plane ebenso, ihr 8,5 Billionen US-Dollar schweres Anleiheportfolio abzubauen. Aus den Sitzungsprotokollen des letzten Monats gehe aber hervor, dass die Fed ihre Bilanz ab Mai um monatlich 95 Milliarden US-Dollar reduzieren wolle. „Wir glauben aber, dass dies nur die Erwartungshaltung bestätigt, die von den Märkten längst eingenommen wurde.“
Auch wenn der rapide Anstieg von Energie- und Rohstoffpreisen die Inflation zusätzlich befeuert, erscheint Grüner ein weiterer deutlicher Anstieg der US-Zinsen nicht sehr wahrscheinlich. Diese Faktoren seien bereits breit diskutiert worden und hätten sicherlich maßgeblich dazu beigetragen, dass die zehnjährigen US-Staatsanleihen auf mittlerweile 2,6 Prozent gestiegen sind. „Richtig im Gesamtportfolio eingesetzt, können Anleihen aber jederzeit ihre vorteilhafte Eigenschaft der Volatilitätsreduktion entfalten – ohne dabei eine perfekte 'Absicherung' zur Volatilität der Aktien darzustellen“, resümiert Grüner. (DFPA/JF1)
Die Grüner Fisher Investments GmbH ist eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, die vorwiegend vermögende Privatpersonen und Familien in Deutschland, Österreich und der Schweiz betreut. Das Unternehmen mit Sitz in Rodenbach ist eine deutsche Tochtergesellschaft des US-Vermögensverwalters Fisher Investments. Zum 31. März 2022 verwalteten Fisher Investments und seine Tochtergesellschaften ein Vermögen von mehr als 177 Milliarden Euro.