Anleihenmarkt: "Das zweite Quartal war eines der schwächsten seit der globalen Finanzkrise"
Für Anleihenanleger war das zweite Quartal eine harte Belastungsprobe: Durch die kategorische Risikoneubewertung an den Finanzmärkten gab es kaum noch Zufluchtsorte. Der Anstieg der Staatsanleihenrenditen bei gleichzeitiger Ausweitung der Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen bescherte Anleihenanlegern einen der höchsten Quartalsverluste seit der globalen Finanzkrise. Das schreibt der Vermögensverwalter Ninety One im aktuellen Credit Chronicle.
Jeff Boswell, Head of Alternative Credit, Ninety One: „Zu Beginn des Jahres lagen die Spreads und Renditen an den meisten Kreditmärkten noch in der Nähe zyklischer Tiefstände. Seither ist es jedoch zu einer kategorischen Risikoneubewertung gekommen, die alle Marktsegmente erfasst hat. Dadurch haben die Risikoaufschläge und vor allem die Renditen jetzt an allen großen Kreditmärkten ein attraktives Niveau erreicht, wenn auch in unterschiedlichem Maße.“
Nach der allgemeinen Spreadausweitung und Dekompression an den Märkten im zweiten Quartal lohne sich eine genauere Betrachtung der aktuellen Risikoaufschläge verschiedener Ratingklassen im historischen Kontext. Am US-Markt zum Beispiel habe die Neubewertung des letzten Quartals dazu geführt, dass die Spreads in den meisten Ratingklassen in der Perzentil-Betrachtung relativ zum langfristigen historischen Niveau recht ausgewogen erscheinen.
Boswells Fazit: „Angesichts dieser Ungewissheiten und des potenziellen Abwärtsrisikos im Falle eines Worst-Case-Szenarios halten wir ein sehr selektives Vorgehen bei der Portfoliokonstruktion für wichtig. Dabei sollte die Qualität im Vordergrund stehen und auf eine Minimierung des Ausfall-/Konjunkturrisikos geachtet werden. Die signifikante Bewertungskorrektur veranlasst uns jedoch zu der Ansicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für Anleger ist, das Risiko selektiv hochzufahren, wenn sie dafür angemessen vergütet werden. Eine Höhergewichtung bonitätsstärkerer Marktsegmente würde immer noch eine Partizipation an einer Markterholung ermöglichen (hochwertige Anlagewerte erholen sich in der Regel zuerst), aber auch eine Outperformance mit unterdurchschnittlichen Verlusten im ungünstigeren Szenario. Falls die Spreadausweitung und Dekompression eine noch größere Dynamik entfalten sollten, würden wir eine selektive Ergänzung bonitätsschwächerer Anleihen für zunehmend sinnvoll halten. Für die Vermeidung idiosynkratischer Einzelkreditrisiken wird jedoch eine selektive Titelauswahl entscheidend sein.“ (DFPA/TH1)
Ninety One ist ein unabhängiger, aktiver globaler Vermögensverwalter, der ein Vermögen (AuM) von 170,3 Milliarden Euro verwaltet (Stand 31. März 2022).