Assenagon: Rohstoffpreise sind wichtiger als die Lohnentwicklung
Die Bedeutung der Löhne für die Preisentwicklung wird überschätzt und die Entwicklung an den Weltmärkten unterschätzt, schreibt Dr. Martin Hüfner, Chefvolkswirt des Asset Managers Assenagon, in einem Wochenkommentar. Die Geldentwertung werde aufgrund der Rohstoffpreise auch bei anhaltend niedrigen Lohnsteigerungen zunehmen. Anleger könnten durch Investments in Rohstoffwerten profitieren. Auf Dauer werden die Zentralbanken darauf reagieren müssen, heißt es. Es werde an den Märkten zu höheren Zinsen kommen. Die Nervosität, die derzeit bei den Bondspreisen zu spüren ist, sei nicht ungerechtfertigt.
Das Problem sei, dass die Löhne aus strukturellen Gründen nicht mehr so stark steigen wie früher. Vor allem hätten sie sich von der zyklischen Entwicklung abgekoppelt. Die berühmte „Phillips-Kurve“, die den Zusammenhang zwischen Konjunktur, Löhnen und Inflation abbildet und die in den vergangenen Jahren eine der Grundlagen der modernen Inflationstheorie war, funktioniert nicht mehr, meint Hüfner. Trotz guter Konjunkturlage gingen die Löhne aktuell nur um zwei Prozent bis drei Prozent nach oben. Die Knappheit an Facharbeitern, die die Löhne nach oben treiben müsste, sei in den Statistiken kaum erkennbar. Das sei kein kurzfristiges Phänomen und hänge auch mit der demografischen Alterung (auch der Gewerkschaftsmitglieder) zusammen. Damit könne man die Löhne auch nicht mehr als Indikator für inflationäres Potenzial heranziehen, fasst Hüfner zusammen.
Darüber hinaus habe sich der Zusammenhang zwischen Löhnen und Preisen gelockert. Unternehmen wie Airbnb, Uber oder Amazon würden unabhängig von allen Gegebenheiten bei den Löhnen drastische Preissenkungen auf den Märkten erzwingen. Die Konkurrenz der Billiglohnländer in Südostasien und Afrika sei noch härter geworden und hindere die Unternehmen, Kostensteigerungen auf die Abnehmer zu überwälzen, erklärt Hüfner.
All das sei gut für die Stabilität. Es wird auch in Zukunft keine so großen Preissteigerungen wie früher geben. Gleichwohl gebe es zyklische Ungleichgewichte. Sie würden bei den Rohstoffpreisen zeigen. Dort gebe es aktuell einen erheblichen Nachfrageüberhang mit entsprechenden Preissteigerungen.
So habe sich der Ölpreis in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt. Aktuell notiert der Preis bei rund 70 US-Dollar je Barrel und damit auf dem Niveau wie zuletzt im Jahr 2014. Der Preis für Kupfer ist in den vergangenen 24 Monaten um 60 Prozent gestiegen. Aluminium ist um 45 Prozent teurer geworden. Der Rohstoffindex S&P GSCI, der eine Reihe wichtiger Rohstoffe enthält, ist um 50 Prozent gestiegen. Es sei nicht vorstellbar, dass das auf Dauer keinen Einfluss auf die Inflation haben sollte, betont Hüfner. „Wir werden spätestens ab Mitte des Jahres höhere Preissteigerungen bekommen als bisher vermutet. Die Inflationsrate im Euroraum wird dann voraussichtlich bei zwei Prozent oder darüber liegen.“
Quelle: Hüfners Wochenkommentar, Assenagon Asset Management
Die Assenagon Asset Management ist ein auf die Steuerung von Kapitalmarktrisiken spezialisierter Asset Manager mit Sitz in Luxemburg und Zweigniederlassung in München. (TS1)