BaFin-Erhebung: Versicherer und die Suche nach Rendite
Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen ist negativ, und wann zinstragende Wertpapiere wieder auskömmliche Renditen abwerfen, ist fraglich. Lassen sich die Versicherer durch das Dauerzinstief in lukrativere, dafür aber riskantere Anlagen treiben? Gehen sie zu hohe Risiken in der Kapitalanlage ein? Offenbar nicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Erhebung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im vierten Quartal 2020.
Laut Erhebung sind die Unternehmen zwar bereit, höhere Risiken in der Kapitalanlage einzugehen, um trotz der niedrigen Zinsen angemessene Erträge zu erwirtschaften. Deswegen investieren sie auch in alternative Kapitalanlagen. Zu diesen alternativen Anlagen zählen Investitionen in Infrastruktur und Rohstoffe, direkte Beteiligungen (Private Equity), direkte Mittelvergaben an Unternehmen außerhalb des Kapitalmarktes (Private Debt) und Anlagen in Verbriefungen und Hedgefonds.
Die Erhebung habe nun gezeigt, wie hoch der Anteil dieser nicht-traditionellen Kapitalanlagen ist: Er macht derzeit knapp sechs Prozent der gesamten Kapitalanlagen aus. Den größten Anteil haben mit 2,1 Prozent Investitionen in Infrastruktur. Anlagen in Private Equity machten 1,4 Prozent aus, Anlagen in Private Debt 1,2 und Anlagen in Verbriefungen 0,8. Zwischen den Sparten sind Unterschiede sichtbar: Pensionskassen investieren einen deutlich höheren Anteil in alternative Kapitalanlagen (8,1 Prozent) als der Branchendurchschnitt, Rückversicherer einen deutlich geringeren Anteil (3,7 Prozent). Hedgefonds, Rohstoffe und Leveraged Loans spielten in der Kapitalanlage derzeit praktisch keine Rolle. Auch das habe die Erhebung der BaFin ergeben: Kein Unternehmen investierte zum Zeitpunkt der Abfrage in Kryptowährungen.
Aus den Angaben der Versicherer zur langfristigen Ziel-Kapitalanlagestruktur (Strategische Asset-Allocation) lasse sich ablesen, dass der Anteil alternativer Kapitalanlagen in den Portfolien künftig deutlich größer werden soll. Vor allem Investitionen in Infrastruktur und in Private Debt dürften zunehmen. Jedoch seien alternative Kapitalanlagen zum Teil deutlich komplexer und illiquider als die traditionellen Anlageklassen und haben das Zeug, die Risiko-/Renditestruktur des Portfolios in Richtung höhere Risiken zu verschieben.
Die BaFin erwartet von den Versicherungsunternehmen, dass sie diese künftige Ausrichtung angemessen im Risikomanagement berücksichtigen. Was auch bedeuten könne, dass sie das Risikomanagement personell aufstocken und/oder fachlich weiter qualifizieren müssen. Denn jedes Unternehmen müsse jederzeit in der Lage sein, die mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken hinreichend zu identifizieren, zu bewerten, zu überwachen, zu steuern und zu kontrollieren. So verlangt es § 124 Absatz. 1 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).
Ein weiteres Ergebnis lasse aufhorchen: Mehr als die Hälfte der Unternehmen gab bei der Erhebung an, dass sich die durchschnittliche Bonität der Emittenten bei Neuanlagen innerhalb der zurückliegenden fünf Jahre verschlechtert habe. Die BaFin wollte wissen, wie sich die Covid-19-Pandemie bemerkbar macht. Die meisten Unternehmen haben ihr Anlageverhalten deswegen nicht wesentlich geändert. Es seien auch keine nennenswerten Anzeichen für eine Lockerung der Vergabestandards bei der Kreditneuvergabe zu beobachten. (DFPA/mb1)
Quelle: Veröffentlichung BaFin
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn und Frankfurt am Main. Sie vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach. Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten.