Bancassurance-Studie: Versicherer überschätzen sich
Der Bancassurance-Markt befindet sich im Umbruch: Kooperationsmodelle werden hinterfragt, der Marktplatz verlagert sich in die digitale Welt, wo andere Player bereits die Kundenschnittstellen perfekt besetzen und den Wettbewerb zusätzlich verschärfen. Die Studie „Perspektiven der Bancassurance in Deutschland“ von Bankenforen, Bankingclub und Versicherungsforen Leipzig in Kooperation mit Fonds Finanz bietet einen umfassenden Marktüberblick, beleuchtet Banken-, Versicherer- sowie Endkundenperspektive und zeigt Entwicklungen auf.
Die Studie decke große Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdbild der Versicherer auf. In der Mehrzahl der untersuchten Bereiche schätzten Versicherer ihr Vermögen als Kooperationspartner deutlich höher ein, als Banken es ihnen zuschreiben. Auf der anderen Seite zeige die Endkundenbefragung aber auch, dass eine proaktive Ansprache im Versicherungskontext durch die Banken selbst vermisst wird.
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Realisierung sei die Entwicklung einer individuellen Vision der Bancassurance, denn sie setze die Leitplanken und Kriterien für die Auswahl der Partner, der Kooperationsmodelle und der Vertriebsstrategie. Neben der internen Umsetzungsstrategie bedürfe es eines Abgleichs der Anforderungen bestehender und potenzieller Kooperationspartner auf produkt-, prozess- und personenbezogener Ebene. Dabei zeige die Studie, dass vor allem die Investitionsbereitschaft in Zukunftsthemen – wie hybride Beratungsmodelle, Financial Home und Open Banking – im Fokus stehen sollte.
Viele Herausforderungen im Vertrieb von Versicherungsprodukten über Banken ließen sich auf kulturelle Unterschiede zurückführen. Bankmitarbeiter sind Berater – Versicherungsmitarbeiter seien Vertriebler und damit von ihrer DNA grundlegend verschieden. Dieser Herausforderung lasse sich auf zwei Ebenen begegnen: durch Anpassung der Produkte und Prozesse an die Bedürfnisse des Bankmitarbeiters oder Überleitung der Bankenleads an eigene oder fremde Vertriebsmitarbeiter. Es sollte daher ganz genau abgewogen werden, ob der Vertriebsprozess im eigenen Hause durch die Bankmitarbeiter, durch die Gründung einer eigenen Vertriebsgesellschaft mit Vertriebsmitarbeitern oder durch die Überleitung an Vertriebspartner erfolgen soll.
Zwar gewinnen Banken aus Sicht der Kunden die Vertrauensfrage gegenüber Versicherungen und werden als kompetenter Ansprechpartner im Versicherungskontext wahrgenommen, dennoch zeige die Endkundenbefragung der Studie: Jeder dritte Kunde wurde, trotz eines Absicherungswunsches, noch nicht auf ein Versicherungsprodukt angesprochen. Neben dem reinen Absicherungsgedanken wünschen Kunden einen allumfänglichen Überblick über ihre Finanz- und Vorsorgeprodukte. Dabei werde die Bank als neutraler Berater geschätzt. Vor allem die junge Zielgruppe stehe dem Allfinanzgedanken positiv gegenüber.
Bei der Frage nach der zukünftigen Entwicklung der Kooperationsmodelle in der Bancassurance zeige die Studie, dass es eine klare Entwicklung aus dem reinen Ausschließlichkeitsvertrieb heraus, hin zu Kooperationsmodellen mit mehreren Produktgebern, geben wird. Dabei sehen nur noch 14 Prozent der Befragten aus der Expertengruppe Vertrieb bei Banken die „reine Ausschließlichkeit" als ihr zukünftiges Kooperationsmodell. Klar sei, dass es für viele der Befragten zu einer Verschiebung zu Mehrfachagenten- oder Maklerstatus kommen wird. Knapp ein Fünftel der Befragten sehen Mischmodelle stark im Fokus. (DFPA/mb1)
Die Versicherungsforen Leipzig GmbH mit Sitz in Leipzig arbeiten seit dem Jahr 2000 eng mit Wissenschaft und Praxis zusammen und widmen sich sowohl im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, Studien und Marktanalysen als auch in verschiedenen Veranstaltungsformaten aktuellen Trends und Entwicklungen der Branche.