Bankfiliale der Zukunft: Deutsche Institute müssen vom Ausland lernen
Das Filialgeschäft der Banken in Deutschland hat Zukunft. Unter einer Bedingung: Die Institute hierzulande müssen bereit sein, über den nationalen Tellerrand zu schauen und sich im Ausland Ideen zu holen. „Deutsche Filialbanken begreifen erst allmählich, dass es für den persönlichen Kundenkontakt in der Filiale neuer ganzheitlicher Filialkonzepte bedarf, die über eine reine Modernisierung der Infrastruktur hinausgehen“, sagt Dr. Ingo Garczorz, Bankexperte und Senior Partner der Managementberatung Berg Lund & Company (BLC).
Die Zahl der Bankfilialschließung in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren auf einem Niveau von zirka sechs Prozent eingependelt. Damit hatte sich das Tempo der Schließung gemessen am Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre, der bei rund zwei Prozent im Jahr lag, deutlich erhöht. „Wir gehen davon aus, dass sich das Tempo wieder in Richtung drei bis vier Prozent drosseln wird - auch ohne Gegensteuern durch neue Konzepte. Sonst geht gerade bei den Regionalbanken der Kern des Geschäftsmodells verloren“, so Garczorz. Das hieße, dass in der Spitze zwischen zwölf und 15 Prozent der Filialen in den kommenden fünf Jahren geschlossen werden könnten. „Steuern die deutschen Banken aber mit innovativen Ansätzen dagegen, käme es zu einer weiteren Verlangsamung“, sagt der Bankexperte. Das bedeute, dass lediglich zehn bis zwölf Prozent der Standorte schließen müssten.
Anhand einer Analyse international erfolgreicher Filialbanken hat die Managementberatung BLC ein Grundgerüst für einen erfolgreichen stationären Vertrieb herausgearbeitet: die acht Ps. Das sind Positioning, Place, Product, Price, Physical Appearance, Processes, Promotion und People (im Deutschen grundsätzliche Positionierung, Standortwahl, Produktangebot, Preisstrategie, Ausstattung beziehungsweise Erscheinungsbild, Filialprozesse Vermarktung und sowie Personal).
Banken, die an einem oder mehreren dieser Punkte gearbeitet haben, seien zum Beispiel die britische Metro Bank, M-Bank aus Polen, Santander aus Spanien und die kalifornische Umpqua Bank. Die Niederlassungen der Metro Bank beispielsweise öffneten zehn Minuten vor und schließen zehn Minuten nach den offiziellen Öffnungszeiten - an 362 Tagen im Jahr. Regnet es, reichten die Filialmitarbeiter den Kunden an den Geldautomaten Regenschirme. Und sie stellten den Hunden der Kunden Wassernapf und Hundekekse vor die Nase. Dieser Service habe sich ausgezahlt: Seit Gründung der Bank im Jahr 2010 hat sie rund 1,2 Millionen Kunden gewonnen.
Der Standort ist neben den Preisen nach wie vor das wichtigste Kriterium für die Bankenwahl. Für die Santander Select, die Premium Filialbank der spanischen Bank Santander sei die Standortfrage aufgrund einer konsequenten Positionierung leicht zu beantworten. Sie wähle für ihre 200 Filialboutiquen beispielsweise nur die besten Gegenden und Einkaufsstraßen. Die M-Bank aus Polen hingegen eröffnet „M-Bank-Kioske“ in Einkaufszentren. Die Kioske bieten laut BLC reduzierten Service für Verbraucher an, die wenig Zeit haben, und sollen mit günstigen Angeboten Neukunden locken.
Quelle: Pressemitteilung BLC
Berg Lund & Company ist ein mittelständisches Beratungshaus und wurde 1999 als Kampmann, Berg & Partner gegründet. Das Unternehmen tritt seit Juli 2017 unter der neuen Marke Berg Lund & Company (BLC) auf. (mb1)