Baufinanzierungsstudie: Baufinanzierung bleibt lukratives Geschäftsfeld für Banken
Private Baufinanzierungen haben sich in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Ertragspfeiler für Deutschlands Banken entwickelt, dies zeigt eine Studie von ZEB. Allerdings drohen viele Kreditinstitute trotz des komfortablen Wachstums in diesem Segment in ein strategisches Abseits zu geraten. Die Bankenexperten von ZEB mahnen deshalb weitreichende Entscheidungen im Hinblick auf die zukünftige Ausrichtung der Institute an. Nur so könne es ihrer Ansicht nach gelingen, der starken Konkurrenz durch hoch digitalisierte Finanzierungs- und Immobilienplattformen gute Konzepte entgegenzusetzen und langfristig Erträge in diesem lukrativen Geschäftsfeld zu erzielen.
Sandra Douqué, Partnerin bei ZEB, führt aus: „Onlineplattformen haben in den letzten Jahren massiv an Schlagkraft in der Baufinanzierung gewonnen. Dort ist man oft digitaler und kundenorientierter unterwegs, dort werden aktuell die Standards in der Baufinanzierung gesetzt. Banken müssen sich sputen und ihr Angebot deutlicher fokussieren.“ Wie die ZEB-Studie im Detail zeige, ist das Baufinanzierungsvolumen deutscher Banken in den vergangenen Jahren dank dauerhafter Niedrigzinsen und hoher Immobiliennachfrage privater Haushalte kontinuierlich gestiegen. Seit 2014 sind die Erträge in diesem Segment um durchschnittlich 7,7 Prozent jährlich auf zuletzt 11,4 Milliarden Euro (2020) gewachsen. Gleichzeitig sind die Gesamterträge von Deutschlands Retailbanken, so die ZEB-Experten, von 56 auf 51,5 Milliarden Euro geschrumpft. Die stabilen Erträge in der Baufinanzierung fußten im Neugeschäft vor allem auf gestiegenen Margen und einem kontinuierlich gewachsenen Finanzierungsvolumen, das zuletzt (2020) bei rund 1,3 Billionen Euro lag.
Im gleichen Zeitraum haben große Onlineplattformen erhebliche Marktanteile gewonnen und sich als führende Player in diesem Segment etabliert. Liefen 2016 noch 27 Prozent des Neugeschäfts privater Immobilienfinanzierungen über die großen Vermittlungsplattformen, waren es 2020 über 45 Prozent. Damit ist aus Sicht der Studienautoren absehbar, dass die Onlineplattformen bald zur Standardkundenschnittstelle in diesem Geschäftsfeld aufsteigen und Banken mehr denn je gezwungen sein werden, digitale Kanäle entlang des gesamten Prozesses der Baufinanzierung anzubieten - arbeiten sie nun mit den großen Plattformen zusammen oder nicht.
Sandra Douqué ergänzt: „In einem komplett digitalen Finanzierungsumfeld werden die Margen der Banken weiter sinken, selbst wenn die Institute mit großen Digitalisierungsanstrengungen dagegenhalten. Sie kommen nicht darum herum, sich auch neue Perspektiven zu suchen, um ihr erweitertes Geschäft in diesem Segment ertragsfähig zu halten."
Aus Sicht des Autorenteams sei es deshalb sinnvoll, dass Banken über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Wenn Nichtbanken an Finanzierungen mitverdienen, dann könnten auch Banken vor Ort an Leistungen verdienen, die nicht zum klassischen Portfolio einer Bank gehören - 2017 betrug der Ertragskuchen rund um Immobilien 22,3 Milliarden Euro. Eigenheimbesitzer suchten immer wieder gute Handwerksbetriebe oder wollen eventuell den Stromanbieter wechseln. Dort können Bankportale mit Kompetenz, ihren eigenen Netzwerken sowie umfangreichen Zusatzleistungen und -informationen für die Nutzenden punkten und deutlich mehr Kundenbedürfnisse erfüllen als bisher.
Ulrich Hoyer, Partner bei ZEB, bemerkt abschließend: „Das Immobilienportalgeschäft ist an den Banken vorbeigegangen, obwohl sie in Deutschland den größten Teil der Immobilienvermittlung auf sich vereinen. Banken sollten ihre traditionell starken Beratungs- und Beziehungsqualitäten stärker in den Fokus nehmen und umfassende, individualisierte Angebote für ihre Kunden ins Auge fassen. Wenn sie die nächste Entwicklungswelle wieder verschlafen, kommt auch das Kerngeschäft ins Wanken.“ (DFPA/mb1)
Die zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh (zeb) wurde 1992 gegründet und ist eine Strategie- und Managementberatung für Financial Services in Europa. In Deutschland unterhält ZEB Büros in Frankfurt, Berlin, Hamburg, München und Münster (Hauptsitz).