Bauzinstief im Sommerloch: neuer Rekord-Tiefstand erreicht
Seit Anfang des Jahres werden Konjunkturprognosen nach unten korrigiert und im Mai entfernte sich auch die Inflation wieder deutlich von der Zwei-Prozent-Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB). Gleichzeitig sind die hohen Verschuldungsquoten und Reformstaus vieler europäischer Staaten bedenklich. „Die EZB selbst kann wirtschaftliche Probleme nicht dauerhaft lösen“, erklärt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baufinanzierungsvermittlers Dr. Klein. „Die europäische Notenbank hat mit der lockeren Geldpolitik der letzten Jahre nur dafür gesorgt, dass die nationalen Regierungen Zeit haben, ihre Wettbewerbsfähigkeit mit strukturellen Reformen zu verbessern. Leider haben die wenigsten Regierungen das geldpolitische Umfeld in den letzten Jahren konsequent genutzt.“
Der Leitzins in Europa liegt bei null Prozent, der Einlagezins für Banken bei minus 0,4 Prozent und das billionenschwere Anleihekaufprogramm wurde gerade erst eingestellt. Die Optionen für eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik sind daher begrenzt. In der jüngsten EZB-Sitzung reagierten die Notenbänker auf die wirtschaftliche Situation zunächst mit einer Anpassung ihrer „Forward Guidance“: Sie heben den Leitzins bis mindestens Mitte 2020 nicht an. Außerdem legten die Währungshüter die Konditionen der ab September geplanten Langfristkredite für Banken (Targeted Longer-Term Refinancing Operations) fest. Die Langfristkredite sollen die Kreditvergabe ankurbeln und werden bereits zum dritten Mal eingesetzt – dieses Mal fallen sie allerdings weniger lukrativ aus als zuvor.
Auf dem EZB-Notenbankforum am 18. Juni 2019 in Portugal legte EZB-Chef Mario Draghi nach und stellte eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht – etwa durch eine erneute Senkung des Leitzinses oder eine Neuauflage der Anleihekäufe. „Vermutlich werden in der medialen Diskussion über die geeigneten Maßnahmen auch radikalere Mittel wie das sogenannte ,Helikoptergeld‘ wieder diskutiert– vor allem, wenn die Inflation droht, gegen ,0‘ zu gehen“, so die Einschätzung Neumanns.
Am 18. Juni brach die zehnjährige Bundesanliehe erneut einen historischen Rekord: Die Negativrendite liegt nun bei minus 0,3 Prozent. Und ein Ende des Sinkflugs ist aktuell nicht in Sichtweite: „Sollte die EZB konkrete Signale für eine Leitzinssenkung oder eine Wiederaufnahme des Anleihekaufprogramms senden, wird die Rendite der Bundesanleihe weiter unter Druck sein“, so Neumann.
Ende Mai erreichten auch die Bauzinsen, die sich an der Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe orientieren, zum zweiten Mal in der Geschichte das Rekordtief von 0,68 Prozent. Der Zinsexperte Neumann erwartet auch im zweiten Halbjahr 2019 anhaltend niedrige Bauzinsen. „Die Liste der ungelösten Probleme ist lang: die anhaltende Konjunkturschwäche, eine niedrige Inflation, Handelskonflikte, Verschuldungsquoten, der Brexit und andere geopolitische Risiken – all diese Herausforderungen sind nicht kleiner geworden in den letzten Monaten und dürften uns noch einige Zeit beschäftigen.“ (DFPA/JF1)
Quelle: Pressemitteilung Dr. Klein
Die Dr. Klein Privatkunden AG mit Sitz in Lübeck ist ein unabhängiger Anbieter von Finanzdienstleistungen für Privatkunden und Unternehmen. Über das Internet und in mehr als 200 Filialen beraten rund 550 Spezialisten. Dr. Klein ist eine hundertprozentige Tochter des an der Frankfurter Börse gelisteten internetbasierten Finanzdienstleisters Hypoport AG.