Blackrock Marktkommentar: "Pfeifen im Walde"
In der vergangenen Woche standen nahezu alle Zeichen auf risk-on, schreibt Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa beim Vermögensverwalter Blackrock, in einem aktuellen Marktkommentar. Steigende Aktienkurse bei geringerer Volatilität. steigende Zinsen bei sicheren Staatsanleihen und ein nachgebender Goldpreis ließen darauf schließen, dass eine Mehrheit der Kapitalmarktteilnehmer eine drastische Wirtschaftsabschwächung als wenig wahrscheinlich erachtet und Teile des Marktes eine diplomatische Lösung in der Ukraine zumindest für gut möglich halten. „Beides würde wohl bedeuten, dass wir in diesem Jahr an den Märkten mit einem blauen Auge davonkommen. Leider gibt es an beidem aber einigen Zweifel“, so Lück.
In den USA bietet die Notenbank der inzwischen auf 7,9 Prozent gestiegenen Inflation die Stirn und hat auf ihrer Sitzung am vergangenen Mittwoch nicht nur eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte beschlossen, sondern sechs weitere für den restlichen Jahresverlauf in Aussicht gestellt. Außerdem will die Fed auf einem der nächsten Meetings mit dem Abbau der Bilanz beginnen. Je nach Geschwindigkeit dieses Abbaus und der Frage, wie er gestaltet wird (passiv, durch Verzicht auf Neuinvestition fällig werdender Anleihen oder aktiv, sprich durch Verkauf) lasse sich angesichts weiterhin niedriger Realzinsen ein stärkeres Einbremsen der geldpolitischen Bedingungen erreichen als mit den Zinserhöhungen. Laut Lück bemerkenswert: Aus den Ansagen des Fed-Chefs Jerome lasse sich schließen, dass die Notenbank selbst den Zielwert ihres aktuell begonnenen Zinsanhebungszyklus‘ mit 2,75 Prozent oberhalb dessen erwartet, was sie selbst als längerfristige Fed Funds Target Rate sieht, nämlich 2,375 Prozent. Damit gehe die Fed über die Ankündigung einer reinen geldpolitischen Normalisierung hinaus. Indem sie auf diese Weise signalisiert, die monetären Bedingungen über das normale Maß hinaus zu straffen, vermittelt sie, der wahrgenommenen Gefahr einer heiß laufenden Wirtschaft zu begegnen. Auch hier sei also, ähnlich wie bei den Finanzmarktteilnehmern, kaum die Sorge zu spüren, dass sich die Kombination aus anhaltenden Covid-Folgen, Russlands Krieg in der Ukraine und einer weniger handelsfreundlichen Neusortierung der Welt negativ auf die Wirtschaftsdynamik der USA auswirken könnte.
Derweil gibt es in der Ukraine kaum Anlass, optimistisch zu sein, schreibt Lück. Die Bereitschaft des russischen Militärs, fast täglich neue Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung zu begehen, lasse vermuten, dass Putin zum Äußersten bereit ist. Zudem sollten Russlands bisherige militärische Misserfolge nicht dazu verleiten, das Eskalationspotential durch immer zerstörerischere Waffen zu unterschätzen. Es sei nicht auszuschließen, dass der Einsatz taktischer Atomwaffen erfolgt, wenn Putin ihn für den einzigen Weg hält, den Widerstand der ukrainischen Bevölkerung zu brechen. „Insofern spricht vieles dafür, dass die Katastrophe eher noch weitergeht, dass es noch schlimmer wird, bevor der Krieg zum Ende kommt. Wenn dem so ist, entspricht die gegenwärtige eher entspannte Marktverfassung dem sprichwörtlichen ,Pfeifen im Walde‘. Es könnte ratsam sein, Portfolios auf längere Sicht robuster aufzustellen“, so Lück abschließend. (DFPA/JF1)
Der Vermögensverwalter Blackrock ist ein weltweit führender Anbieter im Investmentmanagement, im Risikomanagement und in der Beratung von institutionellen Anlegern. Das Produktportfolio umfasst Vermögensverwaltungsmandate, Publikumsfonds, börsengehandelte Indexfonds und andere gepoolte Investmentvehikel. Das Unternehmen mit Sitz in New York verwaltet per 31. Dezember 2021 ein Vermögen von mehr als zehn Billionen US-Dollar.