Bluebay: "Die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken ist in Gefahr"
In den USA dürften die Zinsen bis Ende des Jahres in Richtung 3,5 Prozent steigen, schreibt Mark Dowding, Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Bluebay, in seinem aktuellen Marktkommentar. Das Rezessionsrisiko sei nicht gebannt – im Gegenteil. In der Eurozone sorgten steigende Zinsaufschläge für Verunsicherung.
Laut Dowding führte die Enttäuschung bezüglich der über den Prognosen liegenden US-Inflationsdaten vom 10. Juli 2022 dazu, dass die Marktteilnehmer zu Beginn der folgenden Woche mit einer Zinserhöhung um 75 Basispunkte rechneten. Die Bestätigung eines solchen Schrittes durch den Offenmarktausschuss der US-Notenbank (Fed) kam daher wenig überraschend.
In den Tagen vor der Fed-Sitzung waren die Renditen über die gesamte Kurve hinweg auf neue Höchststände gestiegen, schreibt Dowding. Die Futures-Märkte rechneten mit einem Höchststand der US-Zinsen von rund vier Prozent. Das Ausbleiben eines raschen Rückgangs der Inflation stelle inzwischen eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken dar. Daher sei das Vorgehen der US-Währungshüter aus Sicht von Dowding insofern zu begrüßen, als dass es derartige Bedenken ausräumt.
Insgesamt gebe es erste Anzeichen für eine Verlangsamung der US-Inflation. Die Wirtschaftstätigkeit scheint sich Dowding zufolge als Reaktion auf die anhaltende Verschärfung der finanziellen Bedingungen abzuschwächen. Ausgehend von der Einschätzung, dass die Fed die Zinsen weiter anheben wird, bis die Kerninflation unter drei Prozent sinkt, dürften die Zinsen bis Ende 2022 in Richtung 3,5 Prozent steigen und Anfang 2023 ihren Höchststand erreichen, meint der Experte.
Dowding: „Aus unserer Sicht kann eine Rezession vermieden werden, wenn die Zinsen nicht über vier Prozent steigen. Das wiederum hängt von der Inflation ab. Es kann also knapp werden. Je höher die Zinsen in der Zwischenzeit jedoch steigen, desto wahrscheinlicher wird die Fed später im Jahr 2023 ihren Kurs ändern. Daher könnte ein Großteil der schlechten Nachrichten bereits in den Markterwartungen eingepreist sein.
Die Kombination aus höheren Zinsen, verlangsamtem Wachstum und anhaltenden Inflationsängsten stellt vorerst eine starke Belastung für Risikoanlagen dar. Wir sind der Meinung, dass das Vertrauen in die Zentralbanken eine Grundvoraussetzung für die Stabilisierung der Märkte sein wird. Gleichzeitig muss sich aber auch zeigen, dass die Inflationsbedenken abnehmen.“
In der Eurozone führten die steigenden Renditen in den Peripherieländern dazu, dass am 15. Juni 2022 eine außerordentliche Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) einberufen wurde. Daraufhin sanken die Zinsaufschläge. Das Meeting lieferte jedoch wenig neue Informationen – auch wenn danach durchsickerte, dass bis zur Juli-Sitzung der EZB ein neues Instrument eingesetzt werden soll. Da sich die Spreads inzwischen auf dem Niveau wie bei der jüngsten EZB-Sitzung befinden. bezweifeln Dowding und sein Team, dass ein Notfallplan ausgelöst wird, sofern sich die Zinsaufschläge nicht verschärfen.
„Letztendlich wird es schwierig sein, sich auf ein zusätzliches Anleihekaufprogramm zu einigen. Denn es könnte der Vorwurf der Abweichung vom Mandat der Zentralbank laut werden, wenn die Staatsfinanzierung ohne wesentliche Auflagen erfolgt. Eine glaubwürdigere Reduzierung des Fragmentierungsrisikos wäre aus unserer Sicht durch Schritte in Richtung einer konkreteren fiskalischen und politischen Union innerhalb der Eurozone möglich. In dieser Hinsicht herrscht jedoch nach wie vor Stillstand“, so Dowding abschließend. (DFPA/JF1)
Bluebay Asset Management LLP ist Spezialist für Fixed-Income-Management. Das Unternehmen mit Sitz in London verwaltet per Ende Dezember 2021 mehr als 128 Milliarden US-Dollar für institutionelle Anleger und Finanzinstitute. Bluebay hat Niederlassungen in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Luxemburg, den USA, Japan und Australien. Bluebay Asset Management befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Royal Bank of Canada und ist Teil von RBC Global Asset Management.