Bluebay: "Ein Wechsel an der EZB-Spitze könnte den Ausblick verändern"
Durch die weiter anziehende Inflation könnte die US-Notenbank die geldpolitische Normalisierung beschleunigen, schreibt Mark Dowding, Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Bluebay, in einem aktuellen Marktkommentar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hingegen dürfte aus Sicht des Experten ihren Kurs beibehalten – außer, EZB-Präsidentin Christine Lagarde zieht es nach Paris.
Der Verbraucherpreisindex in der Eurozone ist aufgrund der anziehenden Energiepreise auf mehr als sieben Prozent und in den USA auf über acht Prozent gestiegen. Das habe die US-Notenbank dazu veranlasst, eine vorgezogene Normalisierung ihrer Geldpolitik zu erörtern, so Dowding.
Die Währungshüter deuteten an, dass sie die Zinssätze auf den kommenden geldpolitischen Sitzungen Anfang Mai und Juni um jeweils 50 Basispunkte anheben könnten. Außerdem plant die Fed, ihre Bilanzsumme zu reduzieren. Dowding: „Daher besteht unseres Erachtens die Gefahr, dass die Märkte kurzfristig eine zu starke Straffung der Geldpolitik einpreisen.“
In der Zwischenzeit hat sich die US-Renditekurve weiter abgeflacht. Einige Analysten leiten daraus ein erhöhtes Rezessionsrisiko für 2023 oder 2024 ab. Ebenso wie die Fed sind Dowding und sein Team aber der Meinung, dass die US-Konjunktur – trotz einer Abschwächung im zweiten Quartal – weiterhin intakt ist.
In der Eurozone werde das Wachstum im zweiten Quartal vermutlich schrumpfen, selbst wenn Russland den Gashahn nicht zudreht, schreibt Dowding.
Eine Änderung des geldpolitischen Pfades der EZB sei indes unwahrscheinlich. Dowding: „Die Anhebung der Zinsen dürfte erst nach Beendigung der Anleihekäufe erfolgen, wir rechnen mit einem entsprechenden Schritt nicht vor Ende des dritten Quartals. Zu diesem Zeitpunkt wird die Inflation wahrscheinlich schon wieder sinken.“
Ein Wechsel an der Spitze der EZB könnte die Aussichten verändern. „Wir halten es für möglich, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron nach den Wahlen jetzt im April – die er sehr wahrscheinlich gewinnen wird – die derzeitige EZB-Präsidentin Christine Lagarde zur Premierministerin machen möchte.
In diesem Fall wird unserer Meinung nach sehr wahrscheinlich ein deutscher Kandidat das Amt übernehmen. Das könnte angesichts der in Deutschland besonders großen Abneigung gegen die Inflation das Risiko einer aggressiveren EZB-Politik mit sich bringen.
Generell wird die Ungewissheit noch einige Zeit hoch bleiben. Daher ist es aus unserer Sicht sinnvoll, die Risiken zu begrenzen und sich bietende Chancen zu ergreifen. Anleger sollten vorsichtig sein: Es ist nicht immer klar, woher der nächste Dämpfer kommen könnte“, so Dowding abschließend. (DFPA/JF1)
Bluebay Asset Management LLP ist Spezialist für Fixed-Income-Management. Das Unternehmen mit Sitz in London verwaltet per Ende Dezember 2021 mehr als 128 Milliarden US-Dollar für institutionelle Anleger und Finanzinstitute. Bluebay hat Niederlassungen in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Luxemburg, den USA, Japan und Australien. Bluebay Asset Management befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Royal Bank of Canada und ist Teil von RBC Global Asset Management.