Bluebay: "Japan dürfte die Kontrolle der Renditekurve bald beenden"
Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt weiterhin auf Zinserhöhungskurs, schreibt Mark Dowding, Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Bluebay, in seinem aktuellen Marktkommentar. Außerdem ist er der Meinung, dass in den USA die Hoffnungen auf einen geldpolitischen Schwenk enttäuscht werden könnten und in Japan die Inflationssorgen steigen.
Aus Sicht von Dowding scheint ein Ende der Teuerung in Europa erst Ende des ersten Quartals 2023 wahrscheinlich. Vor dem Hintergrund der problematischen Inflation werde die EZB nach Meinung des Experten den Leitzins in den kommenden Monaten um weitere 100 Basispunkte anheben - trotz der Verlangsamung der Wirtschaft in der Eurozone.
Die US-Renditen sind in der vergangenen Woche gesunken, da die Hoffnung auf einen baldigen Schwenk der Fed wächst, so Dowding. Dieser könnte etwa so aussehen, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) das Tempo der geldpolitischen Straffung im Dezember verlangsamt und die Zinserhöhungen im ersten Quartal des kommenden Jahres aussetzen wird.
Vorerst bleibt die Kerninflation jedoch auf einem zyklischen Höchst- und die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefststand. Das gebe dem FOMC wenig Gelegenheit, eine eher gemäßigte Haltung einzunehmen, bis die Daten mitspielen.
Es herrsche das Gefühl, dass die Geldpolitiker bei einer so hohen Inflation eine zu frühe Pause nicht riskieren können. Daher besteht Enttäuschungspotenzial für alle, die auf einen Schwenk in der nächsten Woche hoffen. Es könnte zunächst eine Wende bei den Daten im kommenden Monat nötig sein, meint Dowding.
Die Sitzung der Bank of Japan in dieser Woche stand ebenfalls im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Die aktuellen Daten zum Verbraucherpreisindex (CPI) zeigen eine jährliche Inflationsrate von 3,5 Prozent. Der Kernverbraucherpreisindex liegt inzwischen über dem Inflationsziel von 2,0 Prozent und weist einen steigenden Trend auf. Der globale Druck in Verbindung mit einem schwachen Yen hat die Preise in die Höhe getrieben. Da die Teuerung in Japan immer mehr zum Thema wird, entsteht laut Dowding der Eindruck, dass die Unternehmen, die die steigenden Inputkosten aufgefangen haben, plötzlich eher geneigt sind, diese Kosten an die Verbraucher weiterzugeben.
„Wir sind der Meinung, dass eine Kontrolle der Renditekurve nicht mehr gerechtfertigt ist und der japanische Zentralbankchef Haruhiko Kuroda sie in Kürze beenden wird. Die geldpolitische Divergenz zu anderen Währungsräumen hat den Yen auf ein unterbewertetes Niveau getrieben. Da die US-Geldpolitik weiter gestrafft wird, ist zu befürchten, dass der Druck auf den Wechselkurs ohne eine Änderung der japanischen Geldpolitik in absehbarer Zeit nicht nachlassen wird. Strukturell gesehen bleiben wir in Erwartung eines geldpolitischen Wechsels bei japanischen Staatsanleihen (JGBs) short. In der Hoffnung, dass ein solcher Schritt nicht allzu weit entfernt sein könnte, haben wir auch eine bescheidene Long-Position in Yen eingenommen. Denn wir gehen davon aus, dass der langfristige faire Wert der japanischen Währung wahrscheinlich näher bei 125 als bei 150 liegt.
Wir biegen nun gefühlt auf die Zielgerade des Jahres 2022 ein. Dieses war für Anleger in vielen Strategien eine außergewöhnliche Herausforderung. Wenn sich aber der Staub gelegt hat, sehen wir mit Blick auf das Jahr 2023 vielversprechendere Voraussetzungen für das Eingehen zusätzlicher Risiken. Allerdings müssen wir dazu auf Daten warten, die bestätigen, dass die Inflation sich dreht und die Zinsen ihren Höchststand erreichen werden. Vor einer potenziellen Jahresendrallye dürften also noch einige Hindernisse zu überwinden sein“, so Dowding abschließend. (DFPA/JF1)
Bluebay Asset Management LLP ist Spezialist für Fixed-Income-Management. Das Unternehmen mit Sitz in London verwaltet per Ende Dezember 2021 mehr als 128 Milliarden US-Dollar für institutionelle Anleger und Finanzinstitute. Bluebay hat Niederlassungen in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Luxemburg, den USA, Japan und Australien. Bluebay Asset Management befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Royal Bank of Canada und ist Teil von RBC Global Asset Management.