Branchenkompass 2021: Versicherer nutzen Lockdown für Digitalaufschwung
Die Versicherer in Deutschland haben in den vergangenen zwei Jahren intensiv in die Digitalisierung investiert. Aufgrund der Pandemie-bedingten Lockdowns war ein Großteil gezwungen, die Kundenkommunikation über Online-Kanäle aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Jeder vierte Versicherer vermeldet zudem Aktivitäten bei der digitalen Transformation des Geschäfts. Das ergibt die Studie „Branchenkompass Insurance 2021“ der Beratungsgesellschaft Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut, für die im April 2021 insgesamt 108 Führungskräfte aus der Versicherungsbranche befragt wurden.
Laut der Studie zählt eine integrierte Kundendatenbank entweder bereits zur Grundausstattung der Versicherer oder wird es bald. Nur so können Versicherer überhaupt Kundendaten aus unterschiedlichen Kanälen und Versicherungssparten zusammenführen und die Kundenkommunikation sowie die Produktlandschaft verbessern. Rund die Hälfte (52 Prozent) der zirka 530 Versicherer in Deutschland bietet seinen Kunden zudem eine oder mehrere Apps zur Interaktion an. Im Jahr 2019 waren es 37 Prozent. Fast ebenso viele (51 Prozent) beraten bei Bedarf per Videochat – mehr als doppelt so viele wie vor zwei Jahren.
„Die Investitionen in die kanalübergreifende Sicht auf die Customer Journey und die einfache Kommunikation via Video, Chat oder App haben vielen Versicherern bereits Vorteile verschafft. Sie können so beispielsweise Schäden von Flutopfern schneller regulieren als mit ihren traditionellen Geschäftsprozessen, die noch viel Schriftverkehr vorsehen“, sagt Kai-Uwe Reiter, Leiter Insurance Consulting bei Sopra Steria. „Das steigert die Kundenzufriedenheit und drückt darüber hinaus die Schaden-Kosten-Quoten“, so Reiter.
Darüber hinaus lösen sich Versicherer mit den Investitionen in die Digitalisierung zunehmend vom klassischen Geschäftsmodell als Zahler in der Not, mit dem es immer schwieriger wird, genügend Wachstum zu erwirtschaften. Dank Sensortechnologien und dem Einsatz von Machine-Learning-Verfahren soll künftig die Prävention für mehr Zählbares auf der Einnahmenseite sorgen. Die klassische Präventivberatung, beispielsweise zur Vermeidung von Umweltschäden in der Betriebshaftpflichtversicherung, könnte durch datengetriebene Dienstleistungen wie sensorbasierte Warnungen oder Entscheidungen erweitert werden.
Erste Ansätze mit Telematiktarifen bei Kfz-Versicherungen, bei denen das von Sensoren gemessene Fahrverhalten den Beitrag bestimmt, gibt es schon länger. „Mithilfe des Internets der Dinge (IoT) lässt sich dieser Ansatz datengetriebener Entscheidungen auf nahezu jedes andere Gut übertragen“, verdeutlicht Reiter. Beispiel Gebäudeschutz: Das Fintech Luko überwacht mithilfe von Sensoren Türen, Wasserleitungen und Stromzähler, um letztlich Brände, Überschwemmungen oder auch Einbrüche zu verhindern.
Knapp die Hälfte der Versicherer ist überzeugt: Die aktuellen und kommenden digitalen Geschäftsmodelle werden nicht erst in ferner Zukunft Gewinne abwerfen. 44 Prozent der Befragten rechnen bis 2023 mit einem deutlichen Relevanzgewinn komplett digitaler Produkte. Von einem radikalen Umschwenken auf rein digitale Geschäftsmodelle sei in absehbarer Zeit allerdings nicht in großem Umfang auszugehen. (DFPA/JF1)
Quelle: Pressemitteilung Sopra Steria
Sopra Steria Consulting ist ein Anbieter für digitale Transformation und bietet Beratung, Systemintegration, Softwareentwicklung, Infrastrukturmanagement sowie Business Process Services.