Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe gegen weiteren Aktionismus der EZB
Mit Blick auf die anstehenden geldpolitischen Entscheidungen im Euroraum warnen die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe vor weiteren expansiven Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB), die aus ihrer Sicht kaum mehr positive Wirkungen auf die Wirtschaft entfalten können. „Vor allem leistet die EZB mit übereilten geldpolitischen Maßnahmen einer Krisenstimmung und damit einem weiteren Vertrauensverlust im Euroraum Vorschub“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier, das am 8. März 2016 in Berlin vorgelegt wurde. Weitere geldpolitische Maßnahmen könnten damit sogar kontraproduktiv wirken.
In dem Positionspapier wird der EZB stattdessen empfohlen, sich für einige Zeit von dem Ziel einer Inflationsrate nahe bei zwei Prozent zu lösen. „In einer Zeit ausgeprägter Wirtschaftsschwäche, wie sie derzeit herrscht, ist dieses Ziel ohnehin nur schwer zu erreichen“, so Dr. Michael Wolgast, Chefvolkswirt des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). „Die Glaubwürdigkeit der Notenbank droht Schaden zu nehmen, wenn sie permanent trotz höchstem Aktionismus ihre eigenen Ziele verfehlt.“
Die Chefvolkswirte warnen auch vor Problemen für die Finanzstabilität, sollte die EZB die negativen Zinsen weiter ausdehnen und verschärfen. „Damit entstehen bereits heute neue Risiken und enorme Nebenwirkungen etwa für Banken und Finanzmärkte, die mit Blick auf die Finanzmarktstabilität kritisch sind“, so Dr. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, die die gemeinsame Positionierung der Chefvolkswirte mit vorbereitet hatte.
Aktuell sehen die Chefvolkswirte anders als die EZB keine Deflationsgefahr. In einem erstmals gemeinsam erstellten Inflationsausblick für den Euroraum erwarten sie stattdessen steigende Inflationsraten, die spätestens in 2018 auch ohne zusätzliche Maßnahmen nahe an dem Zielwert von zwei Prozent liegen sollten. In besonderen Wirtschaftslagen – wie derzeit mit hohen Unsicherheiten und Volatilitäten – bleibe die ruhige Hand der Notenbank daher mehr denn je gefordert.
Unterzeichner der aktuellen Studie sind neben Wolgast und Traud Uwe Burkert (LBBW), Uwe Dürkop (Berliner Sparkasse), Folker Hellmeyer (Bremer Landesbank), Jochen Intelmann (Haspa), Dr. Ulrich Kater (DekaBank), Dr. Jürgen Michels (Bayern LB), Dr. Cyrus de la Rubia (HSH Nordbank) und Dr. Torsten Windels (NordLB)
Quelle: Pressemitteilung DSGV
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ist der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe. Dazu gehören 413 Sparkassen, sieben Landesbanken-Konzerne, die Dekabank, neun Landesbausparkassen, elf Erstversicherergruppen der Sparkassen und zahlreiche weitere Finanzdienstleistungsunternehmen. (JF1)