Computer-Algorithmen revolutionieren die private Vermögensverwaltung
Ein Roboter als Anlageberater? Was in den Ohren vieler Verbraucher noch ungewohnt klingt, ist vielfach schon Realität. Aktuell werden weltweit geschätzte 100 Milliarden Dollar von digitalen Vermögensberatern im Wege des „Robo Advice“ verwaltet, allerdings der allergrößte Teil davon in den USA, so analysiert Dr. Christian Ossig, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes deutscher Banken, in einem Gastbeitrag.
„RoboCop“, der bekannte amerikanische Science-Fiction-Film aus dem Jahr 1987, erzählt die Geschichte eines Polizisten, der im Einsatz getötet, im Körper eines Roboters zu neuem Leben erwacht. Ein perfekter, unverwüstlicher Prototyp, der seinen Polizeidienst fortan noch effizienter, erfolgreicher, heldenhafter versieht als seine natürlichen Kollegen. Muss man sich Robo Advice, die automatisierte auf Algorithmen basierte Finanzberatung, ähnlich überragend vorstellen? Bevor Robo Advice zum hiesigen Marktstandard werden kann, müssten noch einige Hürden genommen werden. Das beginne schon bei den rechtlichen Fragen. Die Regulierung wurde für die klassischen, nicht-digitalisierten Geschäftsmodelle im Wertpapiergeschäft geschaffen. Obwohl sich digitalisierte Dienste in Funktionsweise und Darstellung von herkömmlichen Wertpapierdienstleistungen in vielerlei Hinsicht unterscheiden können, gebe es bislang keine speziellen Vorgaben etwa für Robo Advice. Vielleicht müsse es ein eigenes regulatorisches Rahmenwerk für neue, auf Digitalisierung beruhende Dienstleistungen auch gar nicht geben. Unter Umständen reichen ergänzende Klarstellungen auch aus. Zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, wann im konkreten Anwendungsfall die Schwelle von reinen Informationsangeboten (Entscheidungshilfetools, Produktvergleiche) zur eigentlichen Anlageberatung überschritten ist. Wichtiger als alles bis ins letzte Detail hinein zu regulieren sei es, notwendige neue Bestimmungen möglichst einfach und transparent zu gestalten. Denn sie sollten kompatibel zu neuen Geschäftsmodellen sein und sie nicht von vornherein erschweren oder gar gänzlich verhindern.
Aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit sollte die Regulierung für verschiedene Geschäftsmodelle allerdings einheitliche Anforderungen vorsehen. Robo Advice ist ein Bereich, auf dem etablierte, klassische Banken vielfach mit jungen Technologieunternehmen, den so genannten „FinTechs“ kooperieren. Auch solche Unternehmen wollten keine „Regulierung light“ für sich in Anspruch nehmen. Eine Schwierigkeit der aktuellen Gesetzeslage sei aber, dass rechtliche Anforderungen zumeist von allen Beteiligten einer Kooperation erfüllt werden müssen. Dies erschwerte die Kooperationen zwischen unterschiedlichen Dienstleistern mitunter erheblich, da ein und dieselben Prozesse wie beispielsweise die Erhebung von Kundenangaben immer wieder von allen beteiligten Parteien wiederholt werden müssen.
Robo Advice stelle auch die Aufsichtsbehörden vor neue Herausforderungen. Diese haben sich bislang im Wertpapiergeschäft vorwiegend mit den klassischen, nicht-digitalisierten Geschäftsmodellen befasst. Aber auch dort gelte: Eine kompetente und durchsetzungsstarke Aufsicht für digitale Dienstleistungen könne als ein Qualitätsmerkmal angesehen werden, das Kundenvertrauen schafft. Aufgrund ihrer Erfahrungen und Ressourcen sei die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) sicher besonders gut für die Beaufsichtigung digitaler Dienstleistungen im Wertpapierbereich geeignet. Allerdings müssten bisher bestehende Vorgaben der BaFin bald an die neuen Marktgegebenheiten und Geschäftsmodelle angepasst werden. Der Aufbau eines bei der BaFin angesiedelten Kompetenz-Centers könnte das dort bereits vorhandene Know-how bündeln. Es sei also noch einiges zu tun, um um Robo Advice in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen.
Quelle: Pressemitteilung Bankenverband
Der Bundesverband deutscher Banken (Bankenverband) hat seinen Hauptsitz in Berlin. Er repräsentiert mehr als 210 private Banken und elf Mitgliedsverbände. (mb1)