Der Dominoeffekt: Russland, Ukraine und die anderen Emerging Markets
Russland wurde zwar von den internationalen Märkten ausgeschlossen, aber seine Funktion als Lieferant von Metallen, Mineralien, Agrarrohstoffen und Energie lässt sich nicht so einfach aufgeben. In vielen Schwellenländern löst die Inflation einen Dominoeffekt aus, der sich auf die Realeinkommen der Verbraucher, die Margen der Unternehmen in der Industrie, die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaften mit ungünstigen Handelsbilanzen (der Importwert übersteigt die Exporte) und sogar auf Dekarbonisierungsmaßnahmen auswirkt, so heißt es in einem Kommentar von Daniel J. Graña, Hervé Biancotto und Matthew Culley, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors.
Ein Beispiel für eine beeinträchtigte Lieferkette sind Erdgas und Mineralien, die zur Herstellung von Kunstdünger verwendet werden: Dort könnten Engpässe oder Preiserhöhungen die Erntequalität zur Ernährung der Bevölkerung gefährden. Sowohl Russland als auch die Ukraine hätten die Ausfuhr einiger Düngemittel verboten, – angeblich zur Deckung des heimischen Bedarfs. Russland zählt bei allen drei Düngemitteltypen (Stickstoff, Kalium und Schwefel) zu den beiden größten Exporteuren weltweit. Ein drastischer Preisanstieg sei auch bei Nahrungsmitteln zu beobachten, bei denen Russland ein wichtiger Exporteur ist, wie zum Beispiel Weizen, Mais, Gerste und Sonnenblumenöl (zusammen mit der Ukraine, die die Hälfte der Weltproduktion erzeugt).
Dadurch stiegen vor allem die Importkosten der Schwellenländer und einiger weniger Industrieländer, die von Weizen- und Düngemittelimporten besonders abhängig sind. Nahrungsmittel und Energie wiegen im Warenkorb des Verbraucherpreisindex (VPI) für Schwellenländer mehr; bei den ärmeren Bevölkerungsschichten ist diese Tendenz noch ausgeprägter. In Volkswirtschaften mit hohem Einkommen machen Lebensmittel in der Regel weniger als 15 Prozent der Preisindizes aus, während dies in Schwellenländern bei über 30 Prozent der Haushaltsausgaben liegen kann. Diese höhere Inflation werde die Kaufkraft der Verbraucher in Schwellenländern schwächen, und Unternehmen werden nur begrenzt die starken Preissteigerungen weitergeben können. Dies habe sich bereits in einer gewissen Performance-Schwäche bei den Unternehmen der Basiskonsumgüterbranche gezeigt. „Unserer Ansicht nach könnte dies zu einem erheblichen Gewinnrückgang bei diesen Unternehmen führen. Darüber hinaus führt dies zu einem Problem der Ernährungssicherheit für ärmere und Rohstoff-Nettoimporteure unter den Schwellenländern“, so heißt es.
Angesichts der Kosten, die die Lieferketten belasteten, und der angespannten Lage der Verbraucher, die Preiserhöhungen nicht tragen können, werden Innovationen aus der Not geboren. Die Analysten von Morgan Stanley schätzen, dass die Verdoppelung des Nickelpreises die Herstellungskosten für ein Elektrofahrzeug um mehr als 2.000 US-Dollar erhöht. In Verbindung mit der Knappheit und den Kosten von Lithium experimentierten Länder wie China, die USA und Indien mit alternativen Batterietechnologien, die kein Lithium enthalten. Andererseits gehen wir davon aus, dass Lithium-Ionen-Batterien weiterhin dominieren werden. Kurz gesagt, Lieferengpässe fördern die Innovation und das Wachstum von Unternehmen in Schwellenländern sowie die Nutzung der verfügbaren Ressourcen. (DFPA/mb1)
Die Janus Henderson Group ist ein Vermögensverwalter mit Sitz in London.